Alaska - Kanada 2012

"Grizzly zum Grillen"

Als ich von Alaska zum ersten Mal hörte, sah ich vor meinem inneren Auge eine eiskalte Welt, mit rauer unbezwingbarer Natur, ein Niemandsland ohne Straßen und Wege, schneebedeckte Berge mit kalbenden Gletschern, einen farbenprächtigen Indian Summer  und eine einzigartige Tierwelt, die genauso wild wie die Bewohner dieses Landes ist. Dort laufen noch Grizzlys frei herum und fangen Lachse in den Flüssen, Elche stehen knietief im Wasser und Abenteurer schürfen nach Gold.
Ich hätte früher nie gedacht, dass ich einmal dorthin reisen würde und doch schlummerte dieser Wunsch schon lange in mir. Als unsere Freunde Petra und Horst im letzten Jahr nach Alaska reisten und einen Traumherbst mit fantastischen Erlebnissen hatten, wusste ich, da muss ich hin. Chris war schnell überzeugt, zumal ich seinem Reisewunsch ‚Indien‘ auch nachgekommen war und es uns nach dieser Reise voller Leben und Menschen wieder in die Einsamkeit zog. So begann die Planung unseres nächsten Abenteuers.
Ein passender Flug war über Condor, die 4x wöchentlich von Frankfurt nach Anchorage fliegt, schnell gefunden. Den für uns perfekten Mietwagen, einen großen SUV, buchten wir über Meiers Weltreisen.
Da wir unabhängig sein wollten, musste auch unser Zelt nebst Isomatten mit. Extra für diesen Urlaub brauchten wir neue Schlafsäcke, denn in unseren alten Schlafsäcken hatten wir in Afrika ein paar Mal zu oft gefroren. Bei Mountain Equipment wurden wir fündig und kauften zwei kuschlige Daunenschlafsäcke, die uns von nun an in die kälteren Regionen begleiten werden.
Wichtig waren uns die Bären, denn wir wollten unbedingt diese knuffigen Gesellen in freier Wildbahn sehen. Da wir so eine Begegnung nicht dem Zufall überlassen wollten, schauten wir uns nach einer Möglichkeit um, Bären in ihrer natürlichen Umgebung zu beobachten, aber auch die Sicherheit eines Guide zu haben. Wir entschieden uns für den Lake Clark Nationalpark und fanden für zwei Nächte eine Unterkunft bei James und Shelia in der Alaska Homestead Lodge.
Auch beim Besuch des Denali Nationalparks wollten wir nichts dem Zufall überlassen und buchten vorab schon für zwei Nächte den Wonderlake Campingplatz, den Camperbus und zwei weitere Nächte im Savage River Campground vor.
Gut vorbereitet konnte das Abenteuer Alaska beginnen und wir fieberten der Abreise entgegen. Einziger Knackpunkt war das Wetter, denn Alaska ist ja nicht gerade für sein stabiles Wetter bekannt. Da der August schon sehr verregnet war, hofften wir einfach, dass der September sich von seiner schönsten Seite zeigen würde und die im Reiseführer angegebenen 14 Regentage sich dementsprechend reduzierten. Wie sehr wir uns doch täuschten….
Der Reisetitel ergab sich selbstverständlich wieder während unserer Reise. Eigentlich waren längere Zeit ‚Durch Regen, Schnee und Sonnenschein‘, ‚Ein Silberstreifen am Horizont’ oder ‚Mit Mütze und Bärenspray‘ unsere Favoriten, aber ein einzigartiges Grillerlebnis gab den Ausschlag und der Titel stand fest.
Es war eine Reise voller Höhen und Tiefen, voller Abenteuer und einzigartiger Erlebnisse. Wir bekamen alles geboten was Alaskas Wetter so hergibt, fuhren durch Regen, Unwetter und Schneestürme, wurden durch heftige Winde gebeutelt und folgten immer wieder dem Silberstreifen am Horizont, der uns zum Glück mehr als einmal in die Sonne führte. Wir beobachteten Bären hautnah, lauschten den Rufen der Adler und konnten den Mount McKinley, Alaskas höchsten Berg bei schönstem Wetter genießen. Wir genossen die Freiheit des Campens und den Hauch von Abenteuer. Das Land Alaska zog uns voll in seinen Bann mit all seinen Ecken und Kanten. Doch nun erst mal der Reihe nach…

Donnerstag, 30.08.2012
1.Tag
Eigentlich ist man ja vor jedem Flug aufgeregt, aber diesmal waren wir mehr als das, denn das Lufthansa-Servicepersonal drohte mit Streiks und das 2 Tage vor unserem Abflug. Es betraf zwar nur den kurzen Flug von München nach Frankfurt mit der Lufthansa, aber ohne diesen Flug wäre auch unser Condor Flug von Frankfurt nach Anchorage weg. So saßen wir wie auf Kohlen, denn niemand konnten einem sagen, ob und wann gestreikt wird. Da die Pressemeldungen eher verwirrend waren, stellte sich uns die Frage, was wir machen sollen. Den Flug stornieren und mit der Bahn fahren oder ausharren und hoffen, dass der Streik nicht unseren Flug betrifft. Den gebuchten Flug hätten wir auch nicht spontan verfallen lassen können, denn dann wären wir im System als ‚Non Flight‘ verbucht und würden den Anschlussflug nicht antreten dürfen. Also hätten wir regulär den Flug stornieren oder in ein Rail-and-Fly-Ticket umwandeln müssen.
Nach einigem hin und her und der Mitteilung, dass der Streiktermin rechtzeitig bekannt gegeben wird, entschieden wir uns zu pokern.
Chris schlief in dieser Nacht fast gar nicht und wanderte immer wieder zum PC auf der Suche nach neuen  Meldungen zum angedrohten Streik. Doch alles blieb ruhig bis um 4.15 Uhr der Wecker klingelte. Wir waren immer noch unsicher, was den Flug betraf. Zur Not hätten wir mit dem Auto nach Frankfurt fahren können, aber das wollten wir Chris' Mutti nur zur allergrößten Not antun und so blieb es spannend bis zum Schluss. Zum Glück  ging alles glatt. Wir gaben unser Gepäck auf, quatschten noch etwas mit Chris' Mutti und gingen später noch einen Kaffee trinken. Unser Flieger kam pünktlich und brachte uns in einer knappen Stunde nach Frankfurt.
Am Condor Schalter wurden unsere Tickets noch einmal gründlich gecheckt, dabei fiel uns auf, dass eine Frau vom Bodenpersonal alle Leute mit großen Handgepäckstücken zum Wiegen holte. Oh je, na, das konnte ja was werden. Wir suchten uns einen etwas abgelegenen Warteplatz und verstauten ein paar Optiken nebst Laptop am Körper, aber auch das würde uns kaum auf die geforderten 6 kg pro Handgepäckstück bringen. Nun ja, als wir noch hofften, dass uns die Dame vergisst, stand sie schon hinter uns und forderte uns auf mitzukommen. Okay, Augen zu und  durch, dann müssen wir halt zahlen. Wir standen auf und folgten der Frau zur Waage. Vorsichtig stellten wir die Rucksäcke drauf, als ob wir so noch an Gewicht sparen könnten. Aber es half alles nichts. Die Fotorucksäcke brachten zusammen stolze 22 kg auf die Waage. Abwartend schauten wir die Dame an, die uns fragte, was denn in den Rucksäcken sei. 'Alles Fotoequipment', war Chris' Antwort. Sie warf einen Blick in die Rucksäcke, blickte uns streng an und ... ließ uns gehen. Wie...??? Mit großen Augen schauten wir sie an und konnten unsere Freude kaum verbergen. Sie lächelte zurück und so gingen wir an unseren Platz, wo wir grinsend die restliche Zeit bis zum Boarding verbrachten.
Ein Bus brachte uns zu unserem Flieger, der pünktlich um 11:20 Uhr startete. Diesmal gab es keine Wahl zwischen Chicken und Pasta, es gab einfach nur Pasta und dazu ein Semmelchen. Da wir an dem Tag noch nicht viel gegessen hatten, schmeckte es sogar relativ gut. Die gezeigten Filme verkürzten uns die lange Flugzeit, doch leider waren die Monitore relativ ungünstig angeordnet, so dass es selbst mit Brille schwierig war, die Gesichter der Schauspieler zu erkennen. Dafür war der Film "The Best Exotic Marigold Hotel" absolut sehenswert.
Wir überflogen den Norden von Grönland und konnten riesige Eisschollen im Wasser treiben sehen. Leider war es relativ zugezogen, doch immer wieder blitzte ein schneebedeckter Berg durch die Wolken und ließ uns einen Blick auf die lebensfeindliche wunderschöne Eiswelt des nördlichen Grönlands werfen. Irgendwann übermannte uns die Müdigkeit, dann gab es schon wieder Frühstück und wir überflogen schon Alaska. Leider lag das gesamte Land unter einer dicken Wolkendecke, ganz selten konnte man mal einen Blick auf die Landschaft werfen, aber leider war kein einziger Berg zu sehen. So landeten wir um 11 Uhr auf dem Flughafen von Anchorage. Durch die Zeitverschiebung von 10 Stunden landeten wir sozusagen vor unserem Abflug. Draußen war es grau und kühl, aber das störte uns erst einmal wenig, denn wir hatten ja noch einiges zu erledigen. Zuerst musste unser Gepäck ankommen. Diesmal hatten wir ja bedingt durch das Campingzeug drei Reisetaschen dabei und waren schon sehr gespannt, ob alles mitgekommen war. Doch zuerst mussten wir einreisen. Die Einreise in Alaska war einfach viel lockerer als 2009, wo wir nach San Francisco geflogen sind. So ging es relativ schnell, bis wir an die Reihe kamen, brav unsere Fingerabdrücke abgaben und in die Kamera schauten und  schon waren wir in Alaska und konnten zum Gepäckband gehen. Die drei Taschen ließen auch nicht lange auf sich warten und schon standen wir am Zoll. Vor uns eine große Gruppe Italiener. Ob sie Obst oder Lebensmittel dabei hätten, wurden sie gefragt. 'Nein', war die Antwort. Aber bei der Kofferkontrolle, die Koffer wurden durchleuchtet,  wurden ihnen dann Kiloweise Käse und Früchte abgenommen. Sie standen immer noch am Zoll, als wir schon lange durch waren. Wohlweislich hatten wir nichts dabei und konnten somit ohne Probleme passieren.

Um zur Hertz Autovermietung zu kommen, mussten wir einmal quer durch den Flughafen laufen Am Schalter war nicht viel los und so konnten wir relativ flott unser Auto auf B 120 abholen. Wir waren gespannt wie die Flitzebogen und gingen an einigen schönen Autos vorbei, dann kamen wir zu unserem Platz. Dort stand ein elfenbeinfarbener Chevrolet Traverse mit drei Sitzreihen blitzblank und wie neu vor uns. Wir waren sofort verliebt in unseren “Großen“ und packten sogleich die Taschen ins Auto. Ein wenig Zeit zum Räumen nahmen wir uns auch noch und verstauten die wichtigsten Dinge griffbereit im Handschuhfach. Chris baute sofort das Navi an die Scheibe und auf ging es zum Diamond Boulevard.
Das Einkaufen dauerte schon etwas länger, denn wir flitzten vom Walmart zum Sportsman's hin und her. Im Sportsman's Geschäft musste man sich erst einmal an das Waffenangebot gewöhnen. Hier gab es alles von der Pistole bis zum Maschinengewehr. Das war schon etwas ungewöhnlich für uns, auch die Gestalten die hier in Tarnkleidung herumliefen, ließen unsere Augen größer werden. Doch ansonsten gab es hier alles was das Camperherz begehrt, wenn auch die Preise einen schlucken ließen.
So gingen ein super guter Gaskocher mit 4 Gasflaschen, ein Wasserkanister mit Auslauf, zwei Stühle, eine Axt und vieles mehr in unseren Besitz über. Auch die Lebensmittel waren irgendwann komplett und das erste Sixpack „Alaskan Beer“  wanderte in unser Auto. Für mich war schnell ein Cider gefunden und somit waren wir glücklich und es konnte losgehen.
Auf dem Seward Highway fuhren wir in Richtung Süden und schon bald ließen wir die Stadt und das Gewusel hinter uns. Leider hatte sich das Wetter drastisch verschlechtert und der Himmel hatte seinen Schleusen geöffnet. Bei Regen und Wind fuhren wir vorbei am sonst farbenfrohen Potter Marsh, der an diesem Nachmittag fast schon ein wenig ertränkt auf uns wirkte.
Unser Weg führte am Turnagain Arm entlang. Dies ist eine von ca. 60 Buchten weltweit, in der sich eine bis zu 10 Meter hohe Gezeitenwelle bilden kann. Der Turnagain Arm ist sozusagen das nordwestliche Ende des Cook Inlets im Golf von Alaska.
Wir stiegen trotz der wunderbaren Bergkulisse nur selten aus, denn es regnete und das Wetter war absolut ungemütlich, aber tolle Musik hob unsere Laune. Trotzdem übermannte mich so nach und nach die Müdigkeit und mir fielen immer wieder die Augen zu. Doch zum Schlafen hatte ich keine Zeit, denn ich wollte nichts von der tollen Landschaft verpassen. Auch Chris hatte arg zu kämpfen und so waren wir sehr froh, als wir endlich in Soldotna ankamen. Dort  wählte Chris den Centennial  Campground auf dem Navi aus, der wunderbar im Wald am Fluss lag. Wir bezahlten an der Selbstregistrationskasse und packten erst einmal unser Auto um. Auch für den Flug zur Bären Lodge am morgigen Tag mussten wir noch ein paar Kleinigkeiten zusammen packen, denn in den kleinen Fliegern ist das Gewicht auf ca. 20kg inklusive Foto- und Handgepäck begrenzt. Zum Kochen hatten wir an diesem Tag keine Lust mehr und so gab es ein Wurstbrot und dazu das erste Alaska Bier bzw. einen Lemondrink. Da es mittlerweile wieder leicht regnete saßen wir bei offener Heckklappe im Auto auf unseren Isomatten und genossen unser Essen. Einen kleinen Rundgang machten wir dann noch und beobachteten die Angler beim Lachsfischen. Kurz darauf lagen wir auch schon in unseren Schlafsäcken im Auto, das Zelt wollten wir lieber trocken lassen. Sanft tröpfelte der Regen aufs Dach, aber wir waren todmüde und schliefen schnell und traumlos bis zum nächsten Morgen.

Übernachtung: Centennial Campground, Soldotna, 17 US$
Freitag, 31.08.2012
2. Tag

Um 6.30 Uhr waren wir wach an diesem Morgen. Wir packten alles zusammen und gingen kurz zum Fluss hinunter. Es regnete wieder, so dass selbst die Angler in ihren Autos saßen. Wir beschlossen bei Fred Meyer zu frühstücken. Dort holten wir uns bei Starbucks einen guten Kaffee und aßen dazu klasse Sandwiches.
Um 9 Uhr standen wir bei Natron Air vor der Tür. Leider saßen noch alle Kunden von den Frühflügen im Raum, denn über dem Meer lag eine Nebelwand, die Tim nicht überfliegen konnte und so mussten wir auf besseres Wetter warten. Da wir den letzten Flug an diesem Vormittag hatten, hieß es für uns, dass wir am längsten warten mussten. Janet schickte uns noch einmal weg und meinte, dass wir um ca. 11 Uhr wieder kommen sollten. Na, das ging ja gut los. Da hatten wir eh nur zwei Nächte in der Lodge und nun mussten wir auch noch auf ein paar Stunden der wertvollen Zeit verzichten. Aber Wetter ist Wetter und die eigene Sicherheit geht nun mal vor.
Okay, dann schauen wir uns halt noch den Ort Kenai an. Gesagt getan, schon brausten wir mit unserem Auto nach Kenai. Wir kamen an einer tollen Sumpflandschaft vorbei, die von Bächen durchzogen wurde. Immer wieder luden Aussichtsplattformen zum Verweilen ein, aber leider regnete es mal wieder, so dass wir die Landschaft vom Auto aus anschauten. In Kenai besuchten wir das Visitor Center und bekamen noch viele gute Tipps, um zur Not den ganzen Tag herumzubekommen.
Wir begnügten uns damit, erst einmal die russisch-orthodoxe Kirche von Kenai anzuschauen und uns ein wenig vor Ort umzusehen. Um 11 Uhr waren wir wieder zurück bei Natron Air und ernteten erst einmal einen mitleidigen Blick von Janet, denn nur die erste Gruppe konnte bisher von Tim zum Lake Clark NP gebracht werden. Eine weitere Gruppe wartete noch auf ihren Flug. Da die Sicht so schlecht war, musste Tim die Nebelwand umfliegen und somit dauerte der 30-Minuten-Flug über eine Stunde.
Diesmal fuhren wir jedoch nicht mehr weg, sondern machten es uns bei Janet und ihrem Hund Gizmo, einem liebesbedürftigen Boxer, gemütlich. Dieser Hund war einfach nur süß. Er kannte ganz genau den Flieger seines Herrchens und stand schon Minuten bevor er zu sehen war am Fenster und lauschte.
Endlich um 13 Uhr ging es los. Wir waren die einzigen Gäste, denn ein anderes Paar, das mit uns fliegen sollte, kam wegen des Wetters nicht aus Anchorage weg. Wir grämten uns schon wegen der paar Stunden, aber die Zwei verpassten mindestens einen Tag – schlimmer geht also immer. Tim, unser Pilot, hatte schnell unser Gepäck verstaut und schon saßen wir auf unseren Plätzen und sahen Soldotna unter uns kleiner werden. Unverkennbar lag unser Campground unter uns und wir flogen Kenai entgegen. Wir mussten ein gutes Stück in Richtung Anchorage fliegen, um an der Nebelwand vorbei zu kommen. Wir konnten sie vor uns liegen sehen, wie eine Mauer aus undurchsichtigem Glas. Dann flogen wir an ihr entlang und immer mehr verschwand unser Flieger im Nebel. Unter uns entdeckten wir im Meer Ölplattformen, die verwaschen im Wasser schimmerten. Wasser lief an unseren Scheiben hinab. Doch wir erreichten sicher das ‚andere‘ Ufer und somit den Rand des Nationalparks.
Der Lake Clark Nationalpark wurde 1980 gegründet. Im Park befinden sich einige bekannte Berge wie der Mount Redoubt (3059m) und der Mount Iliamna (3054m) sowie ein Vielzahl weiterer Berge und Vulkane. Das Gebiet wird durch unzählige Gletscher, Flüsse, Bäche und Seen bestimmt. Der größte See im Park ist der Lake Clark, woher auch der Name des Nationalparks stammt. Diesen relativ unerschlossenen Park kann man nur mit dem Boot oder dem Flugzeug erreichen.
Über dem Nationalpark lag zwar kein Nebel, aber dafür hingen die Wolken sehr tief, so dass man nur wenig von der Landschaft erkennen konnte. Doch es reichte aus um Wasserfälle, viel Grün, Flüsse, Wald und Berge auszumachen.
Wir überflogen unsere Lodge und sahen sogar den ersten Bären vom Flieger aus.  Kurz darauf landete Tim sicher am Strand. Mit dieser Landebahn hatte ich ja gar nicht gerechnet.

Am Strand wartete schon Rusty. Er würde die nächsten zwei Tage unser Guide sein und uns zu den Bären begleiten. Wir sprangen auf den Anhänger seines Quadbikes und Rusty brachte uns zur Lodge. Dort wurden wir herzlich von James und Shelia begrüßt und bezogen unser Zimmer gleich am Eingang, dessen einladendes Bett sehr gut aussah. Irgendwie steckte uns wohl der Flug noch in den Knochen. Durch ein riesiges Panoramafenster konnten wir in den Garten schauen. Doch zuerst einmal packten wir etwas aus und machten uns frisch. Endlich waren wir angekommen und nun wollten wir natürlich raus und Bären sehen. Wir hatten nur nicht mit der Flut gerechnet, denn nur bei Ebbe kommt man über den Fluss und dessen Mündung ins Meer und auch nur bei Ebbe fangen die Bären dort Fische. Daran hatten wir ja gar nicht gedacht. Rusty zog trotzdem mit uns eine Runde, aber wir sahen schnell ein, wie sinnlos das ist und beschlossen nach dem Abendessen zur Ebbe loszufahren.
Rund um die Lodge war es aber auch nicht langweilig, so sahen wir den ersten Bären direkt im Garten. Wow, das war nah. Rusty sah uns belustigt an und fragte, ob wir näher gehen möchten. ‚Klar, wenn es geht.‘ Er schmunzelte nur und so gingen wir langsam bis auf wenige Meter zu der Bärin hin. Als sie dann auch noch auf uns zukam, wurde mir schon etwas anders, aber sie wollte nur an uns vorbei auf die Wiese etwas Gras naschen.
Die Lodge liegt an einer kleinen Piste, dort kamen uns noch zwei junge Bären entgegen. Die Schwestern waren mittlerweile 2,5 Jahre alt und von der Mutter getrennt. Immer noch hatten sie langes Fell und waren um etliches kleiner als die erwachsenen Bären. Besonders der eine Bär war noch richtig klein, aber Shelia sagte uns, dass die Schwester gut auf die Kleine aufpasst und die zwei zusammenhalten. Mit schiefen Köpfen beäugten uns die zwei und schlenderten vorsichtig an uns vorbei. Immer wieder hielten sie an, um Gras zu fressen, eh sie langsam in den Büschen verschwanden.
Zum Essen gab es gegrillten Lachs. James ist wie Chris der Grillleidenschaft verfallen und zauberte ein oberleckeres Essen. Trotzdem konnten wir es kaum erwarten raus zu kommen. Um 19 Uhr war die Flut soweit zurückgegangen, dass wir es wagen konnten durch den Fluss zu fahren. Die Strömung war noch ziemlich heftig, aber Rusty meinte, dass es passt. Vorsichtshalber rückten wir ganz nach vorne auf unseren Anhänger und hielten die Rucksäcke fest. Es regnete mittlerweile immer stärker, aber wir hatten unsere Regenkleidung an und waren gut geschützt. Dann ging es durch den Fluss. Er war noch immer tief und etwas Wasser schwappte auf den Hänger, aber für das leistungsstarke Quad Bike war er nicht wirklich eine Herausforderung. Noch die Uferböschung hinauf und schon ging es weiter in Richtung Strand.
Schon von Weitem sahen wir eine dicke blonde Bärin am Fluss, der ins Meer mündet, stehen. Sie beobachtete aufmerksam das Wasser und sprang gezielt immer wieder in die Fluten. Rusty meinte, dass sie eine schlechte Fischerin sei und sich meist durch das Ausgraben von Muscheln ernährte. Wir fanden sie eigentlich sehr geschickt, doch sie zog wirklich keinen Fisch heraus. Etwas später kam eine andere Bärin und die erste machte ihr sogleich Platz. Man sah eindeutig wer hier die Chefin am Fluss war. Diese Bärin war dunkler und viel sportlicher. Mit Eleganz und Können stürzte sie sich immer wieder ins Wasser, während die dicke Bärin auf Abstand ging und an der Flussmündung ihr Glück versuchte.
Im Laufe der Zeit gesellten sich noch zwei weitere Bärinnen dazu und zusammen starrten sie in die Fluten. Das war vielleicht aufregend. Wir standen hier mit 4 Bären am Fluss und unser Quad war relativ weit weg. Zum Glück interessierten sich die Bären nur für Fisch und wie Rusty immer wieder betonte, kennen die Bären hier die Menschen und jeder weiß, wie er sich verhalten muss – Mensch und Bär. Dadurch ist noch nie etwas passiert, aber mit wilden Bären irgendwo anders darf man so etwas auf keinen Fall machen. Die sportliche Bärin sprang wieder einmal gezielt in die Fluten. Sie tauchte ab und das Wasser spritzte nur so. Aufgeregt rief Rusty: “She got one!!!“ Und wirklich, sie tauchte aus dem Wasser mit einem Lachs im Maul wieder auf. Der arme Fisch wehrte sich, aber er hatte keine Chance. Gezielt wurde die Schwanzflosse abgebissen und mit Genuss der Fisch verzehrt. Kreischend flogen die Möwen um die Bärin herum und nutzen jede Sekunde der Unaufmerksamkeit, um einen Happen zu erbeuten. Auch die anderen Bären kamen näher. Besonders eine junge Bärin versuchte vom Fisch etwas abzubekommen, aber ein Augenkontakt mit der sportlichen Bärin reichte aus, um den Rückzug anzutreten und es lieber selbst zu versuchen. Kurze Zeit später erbeutete die Bärin noch einen Fisch. Wow, was für ein Abend. Leider ließ das Licht immer mehr nach und der Regen wurde immer heftiger, so dass wir das Fotografieren einstellten und den Bären so noch etwas zuschauten.
Zurück in der Lodge wärmten wir uns bei einem heißen Tee auf, dazu gab es selbstgebackene Kekse mit Schokostückchen, die noch leicht warm waren und auf der Zunge zerliefen. Unsere tropfnassen Sachen hängten wir an den Kamin zum Trocknen und fielen zufrieden und bärenmüde ins Bett.

Flug: Natron Air, Soldotna
Übernachtung: Alaska Homestead Lodge, Lake Clark Nationalpark, Alaska

Samstag, 01.09.2012
3. Tag
Hatten wir vielleicht gut geschlafen. Geweckt wurden wir durch den Duft von Kaffee. Sogleich sprangen wir in unsere Sachen, denn um 7 Uhr gab es Frühstück. James zauberte pochierte Eier, kleine Steaks und Pfannkuchen mit Blaubeeren. Dazu gab es einen ordentlichen Kaffee, der uns so langsam auf Touren brachte.
Gleich nach dem Frühstück ging es los, aber weit kamen wir nicht, denn direkt am Haus, kam uns die kleine 2,5 Jahre alte Bärin entgegen. Wo war nur die Schwester? Die Kleine trottete auf der Straße entlang und wir folgten ihr. Auf einer Wiese mit viel Klee futterte sie ausgiebig. Dabei behielt sie uns immer im Auge. Sie war so nett anzuschauen mit ihrem langen Fell und wir hofften von ganzem Herzen, dass sie genug Speck für den Winter auf die Rippen bekommt. Wir blieben so lange bei ihr, bis sie im Wald verschwand.
Über unsere Landebahn, also den Strand vor der Lodge, fuhren wir diesmal von der anderen Seite zur Flussmündung, wo der Silver Salmon Creek ins Meer fließt, da hier lt. Rusty das Licht besser war. Doch bis dato hatte sich die Sonne noch hinter Wolken versteckt, aber es war trocken und man konnte schon erkennen, dass es aufklarte. Wieder waren einige Bären beim Fischen und unsere sportliche Fischerin zog kurz hintereinander zwei Lachse aus dem Fluss, die sie unter Möwengekreische hastig fraß. Unsere dicke Bärin ging wieder einmal leer aus, aber sie gab rechtzeitig auf und wandte sich dem Strand zu, wo sie anfing nach Muscheln zu graben. Unglaublich mit welcher Präzision die Bärin die Muscheln aufspürte und zielgenau zu buddeln anfing. Wenn sie die Muschel ausgegraben hatte wurde sie kurz mit der Pranke gedrückt und geschoben, bis sie aufging und das Muschelfleisch in das schmatzende Bärenmaul wanderte.
Danach war erst einmal Pause für die Bärin angesagt. Sie lief wieder zur Flussmündung und legte sich etwas abseits vom Fluss und macht ein Nickerchen. Die sportliche Bärin lag zunächst parallel von ihr direkt am Fluss. Wir gingen vorsichtig zwischen den Bären durch, aber sie ließen sich durch uns überhaupt nicht stören. Die Bärin am Fluss stand auf und ging wieder eine Runde fischen. Wir beobachteten sie gebannt. Als dann zwischenzeitlich mein Blick nach rechts wanderte, traf mich fast der Schlag, denn die schlafende Bärin schlenderte gemütlich auf mich zu. Sie war nur noch ca. 2 Meter von mir entfernt und schaute mir genau in die Augen. In so einem Moment hält man automatisch die Luft an. Ich war zu keiner Regung fähig, aber was hätte ich auch tun sollen. Ich saß am nächsten zu ihr, konnte nicht schnell mal aufstehen und im Auto verschwinden, also bewahrt man einen kühlen Kopf und atmet langsam wieder aus. Sie blieb kurz stehen und musterte uns. Chris saß etwas weiter hinter mir und Rusty stand, aber er war ganz relaxt und Chris auch. Aber klar, ich saß ja am nächsten zur Bärin… Zum Glück hatte die Bärin keinerlei Interesse an mir, sondern wendete sich nach rechts und setzte sich ca. 5 Meter neben uns im Halbkreis an den Strand. Jetzt schauten wir gemeinsam der Bärin im Wasser zu. Als die Bärin ohne Fisch weiter zog ging unsere dicke blonde Bärin ebenfalls ins Wasser und versuchte sich auch im Fischen. Wir saßen weiter im Sand und beobachteten sie. Am liebsten hätten wir sie angefeuert, so sehr gönnten wir ihr einen Erfolg beim Fischen. Aber irgendwie wirkte sie zu langsam und bedächtig, um erfolgreich zu sein. Doch auf einmal machte sie einen Satz nach vorne, dass Wasser spritzte weit hoch und schnappte sich einen Fisch, der sprang ihr gleich wieder aus dem Maul, als sie noch einmal zubiss und damit sein Schicksal besiegelte. Doch anstatt den Fisch aus dem Wasser zu tragen lief sie mit selbigem im Maul wieder im Wasser herum, schmiss ihn dann ins seichte Wasser und sprang beherzt in die Fluten. Wahnsinn, sie hatte doch glatt einen zweiten Fisch erbeutet. Jetzt ging sie mit beiden Fischen im Maul an Land und verspeiste erst den einen und dann den zweiten Fisch. Wir freuten uns für sie, denn immer nur sandige Muscheln und Gras sind ja auch irgendwie langweilig.
So verging der Vormittag wie im Flug und schon war es drei Uhr nachmittags und die Flut setzte immer mehr ein.

Ich schlief am Nachmittag ein wenig, während Chris den Garten und die nahe Lodge-Umgebung erkundete. Zusammen saßen wir später im schönsten Sonnenschein auf einer Schaukel und genossen das herrliche Wetter. Eigentlich war das Meer ja relativ weit weg, aber durch die Flut wurden die Flüsse geflutet und so stand das Wasser bis zur Lodge. Auch der Weg vor der Lodge stand zum Teil unter Wasser.
Der Lodgehund hatte uns begleitet, doch irgendwie war er nicht so richtig entspannt. Immer wieder starrte er in Richtung Garten, doch da war nichts. Jedenfalls konnten wir nichts entdecken. Spaßeshalber sagte ich noch zu Chris, da ist bestimmt mal wieder ein Bär in den Büschen. Als unser Wachhund richtig angespannt schaute, wanderte mein Blick wieder in den Garten und ich bekam einen riesigen Schrecken, denn eine Bärin stand keine 10 Meter von uns entfernt und beäugte den Hund genauso argwöhnisch wie er sie. Auf leisen Sohlen kam sie so nah, ohne dass wir irgendetwas gehört hätten. In so einem Moment zuckt man schon zusammen, auch wenn man direkt am Haus auf einer kleinen Terrasse sitzt. Man weiß ja nie wie ein Bär so tickt, ob er entspannt ist, oder nicht. Jedenfalls hatten wir Glück, denn die Bärin war entspannt und fraß weiter, bis sie später wieder genauso leise in den Büschen verschwand.
Besonders gut gefiel mir auch, wenn wir im ersten Stock des Hauses durch das riesige Panoramafenster schauten und in unmittelbarer Nähe einen Bären entdeckten, der völlig frei und ganz selbstverständlich durch die Landschaft marschierte. In solchen Momenten ist die Welt noch in Ordnung. Menschen und Tiere leben friedlich miteinander, es herrscht kein Futterneid und es ist genug Platz für alle da. Schade, dass so etwas in Deutschland wohl nie möglich sein wird.

Das Abendessen, gegrillter Lachs von der Planke bereiteten wir zusammen mit James, Shelia und Rusty zu. Chris lieferte unser Spezialrezept, James bereitete das Dressing nach Chris' Anweisung zu und ich legte die Zitronenscheiben in die Einschnitte im Lachsfilet. Danach bedeckten wir den Fisch mit der Soße und die Männer grillten ihn perfekt. Das war jedoch nur die Vorspeise, denn als Hauptgang bereitete James noch absolut perfekte Rindersteaks zu.
Nach dem Essen musste James schnell mal nach Soldotna. Tja, hier ist alles etwas anders und so startete er nicht das Auto, sondern seinen Flieger, der wie ein Auto im Garten eingeparkt war. Er rollte unmittelbar über die Piste vor der Lodge, wendete und gab Gas.
Hier ist es ganz normal, dass die Leute einen Flieger oder ein Boot haben und damit schnell mal Entfernungen überwinden können.

Aber das Beste vom Abend stand uns noch bevor, denn natürlich ging es mit Einsetzen der Ebbe noch einmal an den Strand zur Flussmündung. Start war 19.20 Uhr. Das Wasser war noch immer relativ hoch, aber Rusty wagte die Durchfahrt und brachte uns trocken ans andere Ufer. Am Fluss war schon die sportliche Bärin und versuchte ihr Glück beim Fischfang. Die Sonne beleuchtet sie in warmen Farben. Wir konnten uns kaum sattsehen.
Viel zu schnell verschwand die Sonne hinter den Bergen und nahm das warme Licht mit sich. Die Bärin ließ sich dadurch natürlich überhaupt nicht stören und fischte weiter. Wild sprang sie durchs Wasser, das nur so spritzte, kreuz und quer. Dann lauerte sie wieder, immer eine Pfote angehoben, damit sie schnell zuschlagen konnte. Der Kopf ging hin und her, dicht an der Wasseroberfläche, sie horchte und beobachtete die Wasserbewegung ganz genau. Ein kurzer Sprint mit vollem Körpereinsatz und die Bärin sprang kopfüber in die Fluten. Beim Auftauchen hatte sie einen silbrig schimmernden Lachs zwischen ihren Zähnen. Auch an diesem Abend holte sie zwei Lachse aus dem Fluss. Als es zu dunkel wurde brachen wir ab und fuhren zurück zur Lodge, wo wir bei Tee und Keksen den Tag noch einmal Revue passieren ließen.

Übernachtung: Alaska Homestead Lodge, Lake Clark Nationalpark, Alaska

Sonntag, 02.09.2012
4. Tag

An diesem Morgen standen wir nicht ganz so enthusiastisch auf, denn das war unser Abreisetag. Leider hatte eine holländische Fotografengruppe die Lodge für eine Woche gebucht und somit mussten wir abreisen, denn wir wären zu gerne noch länger geblieben.

Doch zunächst gab es wieder James' erstklassiges Frühstück bestehend aus Rühreiern, French Toast, Hacksteaks und frischem Obst. Wieder konnten wir von der Küche aus einen Bären beobachten, der über die Wiese zum Strand lief. Also an diese Aussicht hätten wir uns wirklich gewöhnen können.
Leider kamen wir durch die Flut an diesem Morgen erst um 8 Uhr los und auch das Wetter war mieser Laune, denn es regnete mal wieder leicht. Von dem schönen Wetter war nichts mehr zu sehen. So fiel uns wenigstens der Abschied nicht ganz so schwer.
Wieder fuhren wir mit unserem Quad und Anhänger zum Fluss. Dort verweilte schon die dicke blonde Bärin und versuchte ihr Glück beim Fischen, doch an diesem Morgen leider erfolglos. Als die sportliche Bärin kam, trollte sie sich und überließ der Meisterin das Feld. Prompt holte diese wieder zwei Fische kurz hintereinander aus dem Wasser und verspeiste sie genüsslich, während die andere Bärin nur mit tropfendem Zahn zuschauen konnte.
Als wir die Bären schon eine Zeitlang beobachtet hatten kam von rechts noch eine junge Bärin angewandert und gesellte sich zu den „Fischern“.  Von links kamen auf einmal die zwei Kleinen daher und wanderten zielstrebig auf die Bären am Fluss zu. Rusty erzählte uns, dass die zwei Kleinen zum ersten Mal seit sie auf sich gestellt sind am Meer seien. Vorsichtig näherten sie sich den anderen Bären. Die junge kräftige Bärin wollte die Konkurrenz nicht dulden und wanderte sogleich zielstrebig auf die Zwei zu. Sie ließen sich aber nicht vertreiben, taten unbeteiligt und wanderten langsam am Fluss entlang. Dabei machten sie einen Bogen um die Bärin und liefen relativ nah an uns vorbei.
Dann mussten wir leider gehen, denn unser Flieger würde um 9 Uhr kommen, um uns abzuholen.
Ein letzter sehnsüchtiger Blick über die Schulter auf die Bären, die immer noch im Fluss standen und ihr Glück beim Fischen versuchten, weiter zu den Kleinen, die langsam wieder in Richtung Landesinnerem verschwanden und auf die anderen Fotografen, die noch länger bleiben konnten. Nein, wir wollten definitiv nicht weg!
In der Lodge stapelten sich schon die Neuankömmlinge und beäugten uns neugierig. Für 9 Fotografen mussten zwei Flieger starten und noch einmal zwei Flieger würden das ganze Gepäck bringen. Was hatten die denn vor???
Unsere Habseligkeiten standen schon gepackt im Aufenthaltsraum. Wir räumten noch ein wenig um und wollten uns einfach nicht trennen, aber langsam wurde es Zeit. Rusty brachte uns zum Strand, wo Tim schon mit seinem Flieger wartete. Mit uns flogen noch zwei russische Fischer, die wie zwei Räuchermännchen rochen und ständig bündelweise Geld zählten.
Unter uns verschwand die Landschaft und mit ihr die Lodge, die für zwei Nächte unser Zuhause war, James und Shelia, bei denen wir uns mehr als wohl fühlten, Rusty, der beste Guide, den wir uns wünschen konnten und natürlich die Bären, die uns nach dieser kurzen Zeit schon so vertraut waren, dass wir sie am Aussehen unterscheiden konnten. 

Nach nur 30 Minuten landeten wir. Janet fragte uns wie es war und wir sagten nur, dass wir zurück wollten – wie sie es uns vorher schon prophezeit hatte.
Doch was sollten wir jetzt machen? Janet checkte noch für uns das Wetter im Internet und meinte, dass sie hier auf einen Sturm warten, der heute noch die Küste erreichen würde. Der erste Regen fiel ja schon. Mindestens drei Tage sollte das schlechte Wetter andauern. Das war uns eindeutig zu viel des Guten. Eigentlich hatten wir ja einen Ausflug mit Übernachtung nach Homer geplant, aber auch dort regnete es schon heftig.  Okay, dann versuchen wir unser Glück in Richtung Seward und wenn es dort auch nicht besser ist, fahren wir weiter nach Anchorage evtl. bis zum Matanuska Gletscher. Gesagt getan, in Seward war es zunächst noch trocken, aber in der kurzen Zeit, die wir uns nach Gletscherfahrten erkundigten und den Wetterbericht studierten, fing es auch schon wieder an zu regnen. Die Vorhersage war ebenfalls bescheiden und so brachen wir wieder auf in Richtung Anchorage.
Kurz hinter Anchorage fiel uns ein, dass wir noch ein paar frische Lebensmittel brauchten. Irgendwie waren wir frustriert mit dem Dauerregen, der überhaupt nicht nachlassen wollte. So kamen wir am Spätnachmittag bei einem Fred Meyer Supermarkt an. Hier besorgten wir uns alles, was wir für ein paar Tage in der Wildnis brauchen würden – also genug Bier und noch ein paar andere unwichtige Kleinigkeiten wie Lebensmittel. Als wir den Markt wieder verließen, bleiben wir an einem kleinen Grillstand stehen, wo Baby-Spareribs verkauft wurden. Wir bekamen jeder ein Rippchen zum Kosten. War das gut! Nach einem kurzen Blickwechsel wanderte eine große Rippe über die Theke und ging in unseren Besitz über. Mit unserer Beute verzogen wir uns ins trockene Auto und schon sah der Tag viel freundlicher aus. Das schmeckte vielleicht gut, außen knusprig und innen zart und dazu eine leckere Soße. Da vergeht jeder Wetterfrust!
Satt und zuversichtlich fuhren wir über den Glenn Hwy nach Palmer und dann zum Matanuska Gletscher. Die Strecke war gigantisch. Hohe Berge säumten die Straße, rechts davon floss der Matanuska River. Die Bäume waren schon herbstlich verfärbt, aber zum Teil auch noch grün. Wie schön wäre die Strecke erst bei gutem Wetter! Oftmals blieben wir an den Ausfahrten stehen und staunten einfach nur. Neben den tiefgrauen Wolken sahen wir aber auch ein paar beleuchtete Bergspitzen und folgten einem Silberstreifen am Horizont, der leider unerreichbar für uns war und doch unsere Hoffnung auf eine Wetterbesserung schürte.
Relativ spät kamen wir auf der Campsite am Matanuska Gletscher an. Hier konnten wir den letzten Platz ergattern, den wir sofort bezahlten und als unseren markierten. Dann schauten wir noch bei der Gletscheraussicht vorbei. Hellblau schimmerte das Eis zu uns hinauf, umrahmt war der Gletscher von hohen Bergen der Chugach Mountains und dichten Laubwäldern. Schön war es hier!
Der Matanuska Gletscher ist 39 km lang und an seinem Ende ca. 5 km breit. Sein Schmelzwasser fließt in den Matanuska River, der in das Cook Inlet mündet.
Ein paar Bilder später zogen wir uns auf die Campsite zurück, packten unser Auto um und verzogen uns leicht fröstelnd in unsere kuschligen Schlafsäcke im Auto.

Übernachtung: Matanuska Glacier State Recreation Site, Alaska, 15 US$

Montag, 03.09.2012
5. Tag

Fröstelnd wachten wir an diesem Morgen auf, denn es hatte auf dem Außenthermometer gerade einmal 3°C. Chris war wie immer schneller als ich und räumte schon mal seinen Fahrersitz frei. Dann setzte er sich hinter das Steuer und fuhr uns die paar Meter nach vorne zur Aussichtsplattform auf den Matanuska-Gletscher. Ich durfte derweil hinten in unserem Wohnbereich aufräumen und die Betten abbauen. Die Isomatten ließen wir gleich aufgeblasen und verstauten sie seitlich im Auto. Auch der Rest war schnell wieder verstaut und schon begannen wir mit der Kaffeezubereitung auf unserem kleinen Gaskocher, der wunderbar funktionierte. Danach toasteten wir noch Brote und deckten unseren Tisch mit Aussicht auf den Gletscher. Der Tisch war von einer dünnen Eisschicht überzogen so kalt war es an diesem Morgen. Ohne Mütze und Handschuhe ging gar nichts. Zum Glück hatten wir unsere Thermositzkissen dabei, so dass wir gut und warm auf der ebenfalls gefrorenen Bank saßen. Das Frühstück wärmte uns durch und bei der Aussicht auf das blaue Eis des Gletschers schmeckte es gleich doppelt so gut.
Ein wenig kam sogar die Sonne heraus und beschien das Gletschereis, das auch aus der Ferne wunderschön wirkte und im Sonnenlicht glitzerte.
Gleich nach dem Frühstück machten wir uns auf den Weg zum Gletscher, denn nun wollten wir ihn aus der Nähe betrachten. Er ist über eine Privatstraße zu erreichen. Doch leider öffnete der Laden, in dem man die Tickets kaufen konnte, erst um 9 Uhr und so standen wir vor der verschlossenen Schranke. Da es erst 8 Uhr war, erkundeten wir noch etwas die Umgebung und eh wir uns versahen war die Stunde um.

Die Straße führte uns 2 Meilen durch den Wald bis zum Parkplatz, von dem man schon einen guten Blick auf die Gletscherkante hatte. Wir stellten unser Auto ab, schnappten die Kameras und schon ging es los. Zuerst wanderten wir über Steine und Geröll  immer an den Hütchen (Pylonen) entlang, die uns den richtigen Weg zum Einstieg auf den Gletscher wiesen. Das Eis glitzerte einladend in den unterschiedlichsten Blautönen. Als wir auf dem Geröll nicht mehr weiter kamen, betraten wir vorsichtig das Eis und bahnten uns erst einmal wie auf Eiern den Weg. Es war rutschig und man musste schon alle Sinne beisammen haben, sonst würde man auf dem Hosenboden landen. Doch je länger wir auf dem Eis gingen, desto sicherer wurden wir. Nächstes Mal würden wir Grödeln oder Spikes für die Schuhe mitnehmen.
Es zog uns magisch zu ein paar besonders schönen Abbruchkanten, wobei wir immer wieder guten Halt durch die unzähligen Steine hatten, die das Eis so mit sich schob.

Wir kletterten über eine letzte Kante und standen vor dem Gletschersee, der uns schon auf den Bildern von Petra und Horst so gut gefallen hatte. Begeistert zückten wir unsere Kameras und fotografierten kleine Eisschollen, die auf dem See trieben. Auch wenn der Himmel eher grau war, kam immer wieder die Sonne durch und das Eis funkelte wie tausend Diamanten. Wir waren absolut begeistert. Auf einmal kam eine kleine Gruppe mit einem Guide um die Ecke. Sie hatten Steigeisen unter ihre Schuhe geschnallt und somit einen guten Halt auf dem Eis. Zielsicher gingen sie an uns vorbei und erklommen einen großen Eisberg, der am Ufer lag. Den ließen sie hinter sich und steuerten zielstrebig auf eine Eissteilwand zu und begannen mit dem Eisklettern. Was die können, das bekommen wir auch hin, sagten wir uns und kletterten vorsichtig einen kleinen Abhang hinab. Schon erklomm Chris den Eisberg. Von hier oben hatten wir eine noch bessere Sicht auf den See. Es war einfach toll hier. Ringsherum nur Eis und Wasser. Der Himmel schaute bedrohlich aus und passte perfekt in diese Szenerie. Wir blieben sehr lange und wanderten dann langsam über viele Umwege am Eis entlang zu unserem Auto zurück. Mit Blick auf den Gletscher saßen wir auf einer Bank und ließen uns unser Mittagessen schmecken. Leider begann es wieder leicht zu tröpfeln und so rissen wir uns von dieser traumhaften Szenerie los.

Weiter ging es den Glenn Hwy entlang. Die Kulisse war einfach atemberaubend. Schneebedeckte Berge inmitten einer herbstlich verfärbten Landschaft, immer wieder kleine Seen, endlos erscheinende Gletscher und über allem hingen dicke Regenwolken, doch ab und zu blitzte auch mal die Sonne heraus und verzauberte die Landschaft mit Licht.
In Glennallen tankten wir auf. Da ich sehr müde war, holten wir uns im Supermarkt einen frischen Milchkaffee und dazu klebrig süße Muffins, die wir später im Auto genüsslich verzehrten.
Leider blieb das schöne Wetter am Glenn Hwy und wir fuhren in Richtung Paxon durch Regen und Wind.
Bei Paxon bogen wir an einer in die Jahre gekommenen Tankstelle vom Richardson Highway auf den Denali Highway ab. Der Highway ist eine 218 km lange Piste, deren ersten 34 km bis Tangle Lake geteert sind. Er führt durch eine Traumlandschaft entlang des Südhanges der Alaska Range und schlängelt sich durch eine fast unberührte, menschenleere von Gletschern geformte Gebirgslandschaft.
An den Bergen entlang, die leider wegen des schlechten Wetters nur mäßig zu erkennen waren, folgten wir der Straße bis zum Tangle River. Die Landschaft war auch bei trüber Sicht mehr als eindrucksvoll. Überall lagen idyllisch kleine Seen in der herbstlich verfärbten Landschaft. Rot leuchteten die Heidelbeerbüsche, daneben fielen im Wind die ersten gelben Blätter auf den Boden. Wie schön muss es hier erst bei Sonnenschein sein?
Neben dem Wetter erregten aber auch zig Autos unsere Aufmerksamkeit. Was war denn hier los. Dies sollte eine der einsamsten Straßen Alaskas sein, doch hier tummelten sich Menschenmassen. Riesige Pickups mit Anhängern, gigantische Wohnwägen sowie normale Autos standen überall in Wagenburgen herum. Auf den Anhängern war Kriegsspielzeug, wie tarnfarbene Quad Bikes, Miniraupen, geländefähige „Golf-Caddies“ und viele Quad-Variationen mehr. Auf diesen Gefährten fuhren schwer bewaffnete Menschen bis zur Unkenntlichkeit verhüllt durch die Gegend. Langsam dämmerte es uns, hier war die Jagdsaison voll in Gange. Immer wieder fuhren im Schritttempo Autos vor uns her und scannten die Umgebung ab. Das war für uns schon arg befremdlich, denn wir wollten eigentlich lebende Tiere sehen und nicht nur blutige Fleischsäcke oder Geweihe, die als Trophäen auf den Autos thronten.
Bei Tangle Lakes bezogen wir auf dem gleichnamigen Campground einen Stellplatz und begannen sofort mit den Vorbereitungen für unser Abendessen. Chris entfachte fachmännisch ein Feuer und ich würzte unsere Steaks. Dazu gab es Knoblauchbrot mit Tomaten Mozzarella. Das Wetter hatte zumindest während des Grillens ein Einsehen mit uns und es tröpfelte erst wieder, als wir schon fast gegessen hatten. Wir räumten schnell zusammen und kletterten leicht nass in unser „Wohnmobil“.

Matanuska Gletscher Eintritt: 20 US$ p.P., 15 US$ p.P. Camping (direkt beim Gletscher)
Übernachtung: Tangle Lakes Campground, Denali Highway -12 US$

Dienstag, 04.09.2012
6. Tag

Leider hatte es über Nacht nicht aufgeklart und so fuhren wir weiter in Richtung McLaren Summit, der mit seinen 1245 m der zweithöchste befahrbare Pass Alaskas ist. Übertrumpft wird er nur durch den Atigun Pass am Dalton Highway.  Auch dort oben war es leider sehr zugezogen und grau, trotzdem war der Ausblick auf die Berge und die Seenlandschaft unter uns gigantisch. Gerade einmal 2°C hatte es hier und ein eisiger Wind wehte uns um die Nasen. Einladend lockte unser Auto und schon bald zogen wir uns in den wärmenden Schutz seines Inneren zurück.
Wir sahen einen Biber, der unabhängig von der Witterung im See schwamm und entdeckten einen Weißkopfseeadler in einem Baum, gerade als Chris bemängelte, dass wir noch fast keinen Adler gesehen hätten.
Entlang der Straße sahen wir immer wieder wunderschöne wilde Campsites mit einer tollen Aussicht auf die umliegenden Berge. Wir überquerten den McLaren River, wo man einen perfekten Blick auf den McLaren Gletscher hätte, wenn es nicht so schlecht gewesen wäre und die Wolken fast bis auf den Boden gingen. Je länger wir auf diesem Highway unterwegs waren, desto sicherer waren wir, dass das hier nicht unser letzter Besuch war. Die Landschaft war einfach nur atemberaubend und wir wussten, dass wir noch einmal hierher kommen mussten bei besserem Wetter.
Die Anzahl der Jäger hatte sich mittlerweile auf hunderte gesteigert. Die „Wagenburgen“ nahmen Ausmaße an, da wäre jeder Südafrikaner vor Neid erblasst. So fiel uns des öfteren die Kinnlade herunter.
Vor dem Susitna River stapelten sich mal wieder die Autos der Jäger. Hier wurde es gleich doppelt interessant, denn einige hatten Boote ins Wasser gelassen, um von dort aus zu jagen und andere kurvten mit ihren Quads durch die Gegend. Kein Wunder, dass wir überhaupt kein Tier zu sehen bekamen.
Idyllisch am Brushkana Creek liegt eine weitere Campsite, der Brushkana Creek Campground, auf dem wir kurz stoppten. Auch dieser Campingplatz war von Jägern belagert, aber es hätte noch genug freie Plätze gegeben. Nachdem wir jedoch so viele tolle wilde Übernachtungsplätze auf dem Highway gesehen hatten, hätten wir uns wohl nicht mehr auf eine Campsite gestellt, sondern lieber alleine und frei übernachtet.
Etwas später passierten wir die Grenze zum Matanuska-Susitna Borough, einem Verwaltungsbezirk im Bundesstaat Alaska. In diesem Bezirk befinden sich einige der wenigen landwirtschaftlichen Anbaugebiete Alaskas.
Weiter ging es durch die bergige und herbstliche Landschaft. In den kleinen Seen spiegelten sich die Bäume, doch leider platschten auch immer wieder Tropfen ins Wasser und zerstörten das Bild. Nach 218 Kilometern kamen wir an die Kreuzung des alten Anchorage-Fairbanks Highways. Wir tankten in Cantwell auf und fuhren auf landschaftlich schöner Strecke in Richtung Fairbanks, vorbei am Denali Nationalpark. Stetiger Regen begleitete uns.
Die Straße führte uns ebenfalls durch eine Gebirgslandschaft, deren Berggipfel tief in den blauschwarzen Wolken verborgen waren. Immer wieder schauten wir, ob wir irgendwo den Mount McKinley ausmachen könnten, aber leider sahen wir außer Regenwolken nicht viel.

Dann endlich auf dem Parks Highway in der Nähe von Fairbanks klarte es auf und die Sonne schaute durch die Wolken. Hinter uns hing die Unwetterwand, die wir erfolgreich durchfahren hatten, in den Bergen. Jetzt waren wir froh unsere Pläne umgestellt zu haben und nun im Trockenen zu fahren. Gelbgoldene Birken säumten die Straße und bei schöner Musik fuhren wir auf Fairbanks zu. Auch hier schien noch die Sonne, aber eine dünne Wolkenschicht schob sich langsam davor. Es war jedoch nichts Bedrohliches. Wir kauften beim Walmart Lebensmittel ein, denn wir wollten ein paar Tage auf dem Dalton Highway verbringen. Da es schon spät am Nachmittag war, kamen wir nicht, ohne zu stoppen, an einem McDonalds vorbei und  ließen uns einen dicken Angusburger schmecken. Dann machten wir uns auf den Weg zum Dalton Hwy. Zuerst fuhren noch einige Autos in unsere Richtung mit, doch dann dünnte es sich immer mehr aus und bis auf ein paar riesige Trucks, die wir selbst beim besten Willen nicht einholen konnten, bog niemand auf den Highway ab.
Der Dalton Highway gilt neben dem Dempster Highway in Kanada als eine der letzten berühmt berüchtigten Abenteuerstraßen, die 666 km durch wilde raue und unberührte Natur führt. Der Dalton verbindet Fairbanks mit Deadhorse und führt über den Polarkreis hinaus bis zu den Ölförderanlagen in Prudhoe Bay. Parallel zu ihm verläuft die Trans-Alaska-Pipeline, zu der unzählige Servicestraßen führen. Der Highway wurde 1974 in nur 5 Monaten als reine „Arbeitsstraße“ gebaut und erst 1991 bis Deadhorse für den Besucherverkehr freigegeben. Nach Prudhoe Bay kommt man nur mit einer Sondergenehmigung. Es gibt nur wenige Siedlungen die als Servicestationen für die LKWs der Ölförderfirmen eingerichtet sind.
Wir fuhren durch endlos erscheinende Wälder. Die Piste war gut und wir waren erstaunt wie viel davon geteert war. Als es so langsam auf 19 Uhr zu ging hielten wir verstärkt Ausschau nach einer Möglichkeit zum Campen. Doch entweder führten die Seitenstraßen zur Pipeline und endeten nach wenigen Metern an einer Schranke, oder es gefiel uns überhaupt nicht. So näherten wir uns Yukon Crossing. Dort sollte es einen Campingplatz geben, aber wir fanden ihn nicht, sondern nur lauter Schilder mit „Camping verboten“. Leider hatte auch das Visitor Center geschlossen und so schauten wir uns noch einmal suchend um und entschieden uns weiter zu fahren. Zum Glück kam dann ziemlich schnell der Five Mile Campingplatz. Hier standen noch zwei weitere Camper und wir stellten uns dazu. Sogar ein Camphost war noch auf dem Platz, aber er ließ sich nicht blicken. Wir schauten nach einer Selbstregistrierungskasse, aber fanden keine. Na ja, der Campwart wird schon kommen… Später lasen wir, dass der Campingplatz kostenlos ist. Da es schon 20 Uhr war, machten wir schnell ein Feuerchen und grillten unsere Steaks, die klasse wurden. Ohne Zeit und Thermometer bekam sie Chris immer wieder perfekt hin. So war das Fleisch außen knusprig und innen zart rosa. Die Getränke waren nach nur kurzer Zeit an der frischen Luft gut gekühlt und schmeckten richtig lecker. Nach der anstrengenden Fahrerei waren wir müde und außerdem kühlte es sehr stark ab, so dass wir schnell in unseren warmen Schlafsäcken verschwanden.

Übernachtung: Five Mile Campground, nördlich von Yukon Crossing, Dalton Highway, kostenlos

Mittwoch, 05.09.2012
7. Tag

In der Nacht hatte es zum Teil immer wieder stark geregnet und wir hatten schon Sorge wegen der Piste, die sich nach Regen in eine Rutschbahn verwandeln soll. Doch erst einmal gab es bei 5 °C Frühstück. Dazu mussten wir zunächst einmal die Holzbänke etwas trocknen, denn alles war pitschnass, aber zum Glück regnete es nicht mehr. Während wir uns fröstelnd am Kaffeebecher unsere Hände wärmten, färbte sich über uns der Himmel rot. Mist, jetzt haben wir schon einmal einen Sonnenaufgang und den verpassen wir. Schnell verstauten wir unser Zeug und fuhren los, um irgendwo noch etwas von den Farben fotografieren zu können. Auf der Straße schauten wir uns suchend um und sahen, dass über dem Yukon Nebel hing. Chris steuerte unseren Wagen nach rechts und wir fuhren zurück zum Yukon. Mittlerweile lag Yukon Crossing im Nebel und wir ärgerten uns noch mehr, dass wir nicht eher losgefahren sind. Also noch schnell über die Brücke, die den Yukon überquert. Das Auto abgestellt und wieder auf die Brücke gelaufen. Dabei musste man aufpassen, dass man nicht in dem dicken Matsch ausrutschte, der sich auf der Brücke gesammelt hatte. Also zuerst die Augen auf den Boden, dann eine Position gesucht, wo man einigermaßen stehen konnte, ohne im Schlamm zu versinken und dann erst den Kopf gehoben, um auf den Fluss zu schauen.
WOW!!! Das Bild, das wir dort sahen ließ uns den Atem stocken. Unter uns plätscherte sanft und friedlich der Yukon dahin. Links von ihm lag die Nebelwand, die schon über Yukon Crossing hing. Nur ein kleiner Streifen am Horizont war wolkenfrei, durch den blitzte uns die Sonne entgegen und beleuchtete auf der linken Flussseite die herbstlich verfärbten Bäume. Allein der Name Yukon ist ja schon magisch, da sich so viele Geschichten um ihn ranken, aber dieser Anblick war einfach überwältigend. Wir waren uns einig, dass, egal wie das Wetter wird und ist, dieser Ausblick den ganzen Dalton Matsch, der mittlerweile unser Auto schmückte wert war. Solche Augenblicke sind es, die eine tiefe innere Ruhe in einen bringen und Glücksgefühle auslösen, die man nie vergisst. Doch solche Momente währen nie lange, also genießt man sie am besten schweigend und saugt sie tief in sein Innerstes auf.

Als die Sonne endgültig in den Wolken verschwand waren wir glücklich und zufrieden mit diesem wunderschönen Morgen und fuhren weiter in Richtung Brooks Range. Neben uns schlängelte sich die Alaska Pipeline dahin, die in der Prudhoe Bay ganz im Norden Alaskas beginnt, über den Dalton Hwy nach Süden führt, weiter dem Richardson Hwy bis zum Hafen der Stadt Valdez folgt. Die 1285 Kilometer lange Pipeline wurde in nur 2 Jahren (27.05.1975-31.05.1977) gebaut. Ihr Röhrendurchmesser beträgt 1,22 m. Sie überquert drei Gebirgsketten, unzählige Flüsse und verläuft einen Großteil der Strecke auf Stelzen auf Grund des Permafrostbodens. Wir stellten uns vor, wie das Öl durch die Leitung fließt und hätten uns gerne einmal die Pipeline aus der Nähe angeschaut, aber unzählige Warnschilder und Schranken hielten uns davon ab.

Auch hier wurde mal wieder an der Straße gebaut und wir mussten anhalten und auf ein Pilotcar warten. Wir unterhielten uns mit der netten Frau, die den Verkehr regelt und das bei jedem Wetter, aber sie war gut drauf und harrte mit uns im Regen aus. Nach ca. 15 Minuten kam dann das Auto und führte uns durch die Baustelle. Immer weitere Strecken des Dalton werden geteert und vielleicht sind schon bald die kilometerlangen Staubfahnen der LKWs Geschichte, aber bis dahin ist noch viel zu tun.
Das Wetter wurde immer schlechter und so fuhren wir den höchsten ganzjährig befahrbaren Pass Alaskas, den Atigun Pass (1415 m) bei Schneeregen. Die Straße war nass und verschlammt, aber mit unserem „Allradwohnmobil“ war er überhaupt kein Problem. Etwas unterhalb des Passes sahen wir nahe der Straße Dallschafe das spärliche Grün fressen. Motivierte Fotografen wären in ihre Regenkleidung gesprungen und hätten auch bei Schneeregen ein paar Stunden bei den Schafen ausgeharrt, aber wir zogen dann doch die Wärme des Autos vor. Die zwei Fotografen, die zitternd im Dreck standen, ernteten ein paar bewundernde Blicke von uns, doch wir fuhren weiter.

Als wir die Brooks Range hinter uns ließen klarte es langsam auf. Eine völlig andere Landschaft lag vor uns. Kein Baum war mehr zu finden, stattdessen konnten wir jetzt die arktische Tundra bewundern. Man konnte soweit das Auge reichte schauen, bzw. bis die Straße hinter der welligen Landschaft verschwand. Hinter uns waren die Berge mit ihrer wahnsinnig schönen Kulisse. Leider war der Herbst hier schon durch und so sah alles etwas grau aus.

Wir beschlossen am Galbraith Lake Campground zu bleiben. Wir suchten den für uns perfekten Platz, denn von dort aus konnten wir die Brooks Range und die Tundra betrachten. Bequem im Auto zurückgelehnt, verbrachten wir den Nachmittag mit Lesen und ein paar Erkundungsspaziergängen.
Der Wind wehte uns eisig um die Ohren und es kostete einiges an Überwindung, auch mit Mütze und Handschuhen bewaffnet das windgeschützte Auto zu verlassen. Wenn man bedenkt, dass hier schon bald wieder Temperaturen unter -40°C herrschen und Eiswind über die freien Flächen der Tundra fegt, kann man sich kaum vorstellen, dass es hier draußen noch Leben gibt. Doch auf dem Weg zum Camp hatten wir ein arktisches Squirrel gesehen, das sich leider nicht fotografieren lassen wollte. Hier draußen soll es auch Moschusochsen geben, die perfekt an das Leben in solchen harten Bedingungen angepasst sind. Wir waren es jedenfalls nicht und fuhren noch einmal am Nachmittag mit voll aufgedrehter Heizung eine Runde durch die Gegend.
Der Sonnenuntergang war recht schön und sogar etwas farbig nach dem relativ grauen Tag.
Am Abend machten wir uns ein wärmendes Feuer, denn zum Glück hatte ein netter Vorcamper Holz dagelassen. Doch Gemütlichkeit kam keine auf, es war einfach zu kalt. Selbst nach etlichen Laufrunden ums Auto zitterte ich noch und so zogen wir uns schon bald in das windgeschützte Auto zurück.

Übernachtung: Galbraith Lake Campground, Dalton Highway, kostenlos

Donnerstag, 06.09.2012
8. Tag

An diesem Morgen schaut es noch grauer und zugezogener aus. Die 5°C, die unser Auto anzeigte, waren gefühlte Minusgrade und so frühstückten wir schnell und wärmten uns mit heißem Kaffee von innen auf. Der Wind hatte schon fast Sturmstärke und riss uns fast die Autotüren aus der Hand.
Wir überlegten, ob wir noch weiter in Richtung Deadhorse fahren sollten, aber die Schlechtwetterfront kam von dort und so beschlossen wir zurückzufahren und irgendwann einmal bei besserem Wetter eine neue Reise in diese unwirtliche Region zu starten. Traurig dachte ich an die Moschusochsen, die ich zu gerne einmal in freier Wildbahn gesehen hätte, aber die Stimme der Vernunft – Chris – holte mich zurück in die Wirklichkeit. Das Wetter war einfach zu schlecht und vor uns lag ja auch noch der Atigun Pass… so machten wir uns auf den Weg zurück. Unbeeindruckt von Wind und Wetter rauschten die LKWs an uns vorbei, meterlange Staubfahnen hinter sich herziehend. Das sah schon klasse aus.
Chris trotzte dem Sturm und stand wie ein Felsen draußen und machte fleißig ein paar Bilder, während ich fröstelnd immer näher an die Heizung rückte, die auf voller Stufe lief.
In den Bergen sahen wir wieder ein paar Dallschafe, aber diesmal weit oben im Geröll und natürlich regnete es wieder. Die Berge waren mit frischem Schnee überzuckert und schon bald ging der Regen in Schnee über. Kurz darauf standen wir mit unserem Auto auf Passhöhe mitten im Winter. Dichte Schneeflocken wirbelten um uns herum und tanzten im Wind, Sichtweite war nicht wirklich vorhanden. Gerade noch im Spätherbst und jetzt mitten im Winter. Es war schon unglaublich. Zum Glück brachte uns unser Auto sicher über den Pass und schon bald ging der Schnee wieder in Regen über. Leider hörte es auch nicht auf zu regnen und so begleitete uns Dauerregen bis Wiseman, einem kleinen Goldgräberort, den wir uns anschauen wollten. Hier gibt es ein paar sehr alte Häuser und eine schöne Lodge, die von einer deutschen Familie geführt wird. Doch leider hatte sie zu, denn hier hätten wir gerne spontan noch eine Nacht verbracht. Durch den Regen kam sogar mal ein Sonnenstrahl durch, aber leider nichts von Dauer. Wir fuhren wieder weiter.
In Coldfoot tankten wir unser Auto auf, das von hinten mittlerweile aussah wie mit Schokolade überzogen. Hier standen zwei Motorradfahrer mitten im Regen und hatten auch noch richtig Spaß. Denn einer der beiden hatte eine GoPro-Kamera auf dem Helm und so brausten sie immer wieder hin und her.

Zwei Baustellen hatten wir noch zu bewältigen und folgten brav den Pilotcars. Zum Glück kamen ja immer wieder geteerte Abschnitte, auf denen Auto und Menschen aufatmen konnten. Bei Yukon Crossing wurde das Wetter zum Glück etwas besser und unsere Scheibenwischer mussten nicht mehr auf Hochtouren arbeiten. Vorher hatten wir uns immer Sonne gewünscht, aber bei solchem Wetter wird man bescheidener und so wünschten wir uns momentan einfach nur Grau ohne Regen. Bis Fairbanks wurde uns dieser Wunsch erfüllt.
Hier suchten wir uns ein Hotel, was sich als richtig schwierig erwies, denn die Hotels waren dermaßen teuer, so dass wir von einem zum anderen fuhren. Beim River Edge Resort hatten wir keine Lust mehr und nahmen uns ein Cottage, das hübsch am Fluss lag, auch wenn der Preis den Rahmen weit überstieg. Wir bekamen noch etwas Rabatt und den besseren Bungalow und zogen schon bald in unser kleines Haus.
Doch Zeit zum Rasten hatten wir keine, denn unsere Mägen hingen durch und verlangten rigoros nach etwas zum Essen. Wir fuhren zum Pikes Restaurant. Hier war es sehr voll und wir wollten gerade wieder gehen, als ein uriger Amerikaner uns zuwinkte und an seinen Tisch bat. Es wurde ein netter Abend und die Sonne schaute sogar noch einmal heraus, gerade so als ob sie uns verspotten wollte.
Das Essen war sehr lecker. Ich hatte Heilbuttfilet in einer Pecannusskruste und Chris Lachs von der Planke. Als Vorspeise gönnten wir uns Eismeerkrabben in einer Käsesoße mit Artischocken.
Auf dem Rückweg zu unserem Cottage kauften wir noch bei Fred Meyer ein. Wir verstauten alles im Auto, genossen unsere Dusche und den Platz in unserer Hütte. Dazu noch einen Sundowner und schon fielen wir müde in unser Riesenbett.

Übernachtung: River Edge Resort, Fairbanks - 179$
Freitag, 07.09.2012
9. Tag

Wir ließen es an diesem Morgen etwas ruhiger angehen und kletterten erst um 7 Uhr aus unserem Bett. An diesem Morgen schaute sogar die Sonne leicht hinter den Wolken hervor. Es schien ein schöner Tag in Fairbanks zu werden. Doch wir wollten weiter in Richtung Paxson fahren, denn ab dem 09.09. hatten wir im Denali Nationalpark die Campsites fest gebucht.
Zum Frühstücken gingen wir zum Fred Meyer Supermarkt, denn dort gab es bei Starbucks den besten Kaffee und sehr leckere Sandwiches.
Auf dem Richardson Highway brausten wir nach Süden. Die Alaska Pipeline begleitete uns wie ein nicht enden wollender Tausendfüßler. Mal war sie überirdisch, mal verschwand sie unter der Erde.
Natürlich machten wir einen Abstecher nach North Pole, denn diesen bekannten Ort mitten in Alaska wollten wir uns natürlich nicht entgehen lassen. Hier gehen die Briefe aller Kinder weltweit ein und werden vom Weihnachtsmann gelesen. Dieser Ort war skurril und witzig zugleich. Zuckerstangen schmückten die Straßenlampen und überall schaute es weihnachtlich aus. Im Santa Claus Haus wurden wir mit leiser Weihnachtsmusik begrüßt. Sofort summte man im Kopf „Jingle Bells“ vor sich hin und ging staunend durch die Räume. Unzählige weihnachtliche Dinge gab es hier zu kaufen. Von lebensgroßen Weihnachtsmännern, über Engel, Christbaumschmuck, Räuchermännchen bis hin zu Plüschrentieren fand man hier alles was das weihnachtlich eingestimmte Herz begehrte und das zu allen Jahreszeiten. Natürlich besichtigten wir auch den Stuhl von Santa Claus und Chris nahm einmal probehalber Platz. Auf dem Stuhl kann jeder Platz nehmen, nur zu Weihnachten darf dort nur Santa Claus sitzen. Bei all dem Glitzer und Glimmer war man auf einmal wieder Kind und stand staunend vor dem wunderschönen Weihnachtsbaum. Man erinnerte sich an die freudige Erwartung, den Duft nach Plätzchen, die Stille, Heimlichkeit und Feierlichkeit des Heiligen Abends.
Ein wenig von dem Zauber nahmen wir mit auf unseren weiteren Weg. Leider war das Wetter wieder trüb und dicke Wolken hingen am Himmel. Endlose Wälder im schönsten Herbstkleid säumten die Straße. Immer wieder gab es Aussichtspunkte, die fantastische Ausblicke auf eine einzigartige Flusslandschaft mit der Alaska Range dahinter, boten. Rings herum waren dicke Regenwolken, nur die Bergkette lag im Sonnenschein und leuchtete auch am späten Vormittag in einem eigenwilligen Gelbton.
Einen kurzen Stopp legten wir in Delta Junction ein. Wir wollten das Visitor Center besuchen, aber es war schon für die Saison geschlossen. So machten wir noch ein paar Spaßbilder, á la Horst nur bei mieserem Wetter und fuhren dann weiter.
Ab Delta Junction wurde der Highway besonders spektakulär. Hohe schneebedeckte Berge lagen vor uns. Die Alaska Pipeline tauchte immer wieder am Wegesrand auf und sie war sogar an einigen Stellen zugänglich. Hier konnten wir endlich einmal die Rohre anfassen, durch die ca. 83.800 Liter Öl in der Minute fließen. Fast erwarteten wir, dass sie sich warm anfühlen würden, aber dem war nicht so. Wir machten ein paar Erinnerungsbilder und weiter ging die Fahrt.

Der Summit Lake zeigt sich in voller Schönheit bei heftigem Wind und dramatischen Wolken. Am Gulkana River machten wir eine kurze Pause und gingen die Plattform ab, von der man Lachse im Fluss beobachten kann. Doch leider entdeckten wir keine Lachse im Fluss, die Zeit war wohl schon vorbei. Ab und zu schaute sogar mal ein Sonnenstrahl heraus, blinzelte verwirrt und verzog sich schnell wieder hinter die Wolken. Sogleich fühlten wir uns besser und sogen die Sonne in uns auf.

Je weiter wir in Richtung Denali Highway kamen, desto mehr blauer Himmel war zu sehen. Das könnte ja fast ein schöner Nachmittag werden, hofften wir.
Bei Paxson bogen wir an der altbekannten klapprig-urigen Tankstelle wieder auf den Denali Highway ab. Die dramatischen Wolken sahen einfach toll aus. Auch wenn hier die Alaska Range wieder unter den Wolken lag, sah es vielversprechend aus. Je weiter wir auf dem Denali Highway (Points of Interest) fuhren, umso besser wurde das Wetter. Rings um uns herum waren Schlechtwetterwolken, die gut sichtbar an vielen Stellen ihren Regen loswurden. Aber über uns kam sogar die Sonne heraus und blieb. Wir kamen kaum vorwärts und nutzten jeden Sonnenstrahl, um ein paar Bilder zu machen. Genauso hatten wir es uns hier bei schönem Wetter vorgestellt. Es war einfach klasse. Natürlich waren auch wieder unzählige Jäger unterwegs, aber an deren Präsenz hatten wir uns ja schon beim ersten Besuch auf dem Highway gewöhnt.
Nach jeder tollen Bergkette, kam eine weitere in Sicht. Frischer Schnee lag auf den Gipfeln, davor von Flüssen und Seen durchbrochene  Landschaft in bunten herbstlichen Farben. Besonders die Heidelbeersträucher leuchteten tief rot und blauschwarze Früchte hingen an ihnen, rot leuchteten uns Cranberries entgegen, gelbe Blätter hingen an anderen Sträuchern. Eine unbeschreiblich schöne, raue Landschaft lag vor uns und wir genossen sie in vollen Zügen.
Bis zum Tangle Lake folgten wir der Teerstraße. Hier warfen wir unserem Campingplatz vom letzten Mal einen schnellen Gruß rüber, aber diesmal wollten wir wild campen. Wir waren bestens gerüstet und hatten genug Holz und Fleisch dabei. Wie schön und freundlich doch gleich alles bei Sonnenschein wirkte.
Am Tangle River Inn holten wir uns einen ‚Coffee to go‘ und aßen an einer schönen Aussicht eine paar süße Teilchen dazu.
Schon am Nachmittag hielten wir immer wieder nach einer passenden wilden Campsite Ausschau, aber so richtig fanden wir keine. Die, die uns am besten gefiel war leider schon von einem riesigen Camper belegt. Aber es gab genug andere schöne Stellen, so dass wir uns am Abend spontan entscheiden würden.
Dramatisch türmten sich von lichtdurchflutetem Weiß bis hin zu dramatischem Schwarz rings um uns die Wolken auf, die Straße war noch nass vom letzten Regenguss und in kleinen Schlaglöchern stand das Wasser.
Über den McLaren Summit Pass fuhren wir bis zum McLaren River. Vor uns lag die Bergkette mit dem Gletscher im schönsten Licht. Wir stellten unser Auto ab und gingen auf die Brücke, von der aus man eine perfekte Aussicht auf den Gletscher hatte. Vor lauter Begeisterung achtete ich nicht weiter auf den Weg und stand auf einmal in etwas Weichem. Mist, jetzt hörte ich auch Huskys bellen und einer davon hatte dieses Geschenk direkt unter meinen Füßen hinterlassen. Ich reinigte die Rillen meiner Schuhe so gut ich konnte und fotografierte weiter. Chris sah das als gutes Omen für das Wetter des kommenden Tages. Naja, hoffen wir mal! Was tut Frau nicht alles, um MANN glücklich zu machen!!!
Nachdem nur noch die Bergspitzen beleuchtet waren und es immer kälter wurde, beschlossen wir auf den Pass zurück zu fahren, um dort den Sonnenuntergang zu erleben. Während der Fahrt wärmten wir uns wieder etwas auf.
Auf dem McLaren Summit Pass war es zwar toll, aber leider auch heftig kalt (0° C). Der eisige Wind ging uns durch und durch. Selbst Mütze und Handschuhe halfen da nicht viel - uns zitterten die Kniescheiben synchron. Die Weite der Landschaft konnte man mit der Kamera eh nicht richtig erfassen und so beschlossen wir den Pass wieder zu verlassen und weiter unten zu campen.
Im Auto heizten wir erst einmal voll ein, doch leider waren noch Reste des Hundehaufens in den Rillen meiner Schuhe und schon bald roch es bedenklich. Bei nächster Gelegenheit reinigte ich sie noch einmal mit einem Stock und frischem Wasser und das solange, bis auch der letzte Rest komplett entfernt war. Die Dämmerung war nun schon hereingebrochen. So langsam sollten wir einen Platz zum Übernachten finden. Jetzt waren wir nicht mehr so anspruchsvoll und nahmen die nächste Möglichkeit zum Campen wahr. Eine kleine Schneise führte vom Weg ab. Dort war auch schon eine Feuerstelle angelegt. Bald darauf knisterte unser Feuer und erhellte die Umgebung. Schemenhaft hoben sich die Berge im Hintergrund ab, tausend Sterne funkelten über uns – wenn es doch nur etwas wärmer gewesen wäre. So rückten wir näher ans Feuer. Unsere Kühltasche diente als Tisch und auf einem Stein stand unser Wasser zum Hände waschen und spülen. Bequem in unsere Stühle gekuschelt schmeckten die Steaks wieder hervorragend und die Getränke rannen eiskalt unsere Kehlen hinab. Okay, die hätten ruhig etwas wärmer sein können. So wäre Glühwein an diesem eisigen Abend sicher das köstlichste Getränk aller Zeiten gewesen. Aber auch so schmeckte es prima. Lange hielten wir es leider nicht aus, denn als auch die Glut langsam erlosch, kroch uns die Kälte in die Knochen und wir gingen freiwillig schlafen.

Übernachtung: Denali Highway, wild

Samstag, 08.09.2012
10. Tag

War das eine eisige sternenklare Nacht. Bibbernd zogen wir uns an und wollten aus den Fenstern schauen, aber das ging nicht, denn eine Eisschicht bedeckte von innen die Scheiben. Wir räumten schnell das Auto um und heizten erst einmal 5 Minuten ein. Dann erst gelang es Chris ein Guckloch freizukratzen und wir konnten starten. Auf einen Kaffee verzichteten wir an diesem Morgen denn bei -3°C war es uns einfach viel zu kalt, um draußen zu frühstücken. Wir fuhren los. Der Morgen war perfekt. Die Sonne beleuchtete die Bergspitzen und rings um uns herum war blauer Himmel. Sogar etwas Nebel lag über der Landschaft. Im ersten warmen Licht sah die Landschaft noch schöner aus und wir machten so unzählige Fotos an diesem Morgen.
Wir fuhren wieder zum McLaren Fluss und genossen den Blick auf den Gletscher. Diesmal waren wir auch unternehmungslustiger und kletterten auf einen kleinen Hügel links von der Brücke um noch eine andere Sicht auf den Gletscher und die Berge zu haben. Die Tiere hatten zum Glück etliche Pfade angelegt und so konnten wir sehr leicht einen kleinen Hügel erklimmen auf dem viele Heidelbeeren wuchsen.
Nach der kleinen Fotoexkursion, holten wir uns an der McLaren Lodge frischen Kaffee und selbstgebackene Beerenkuchen. Das Frühstück bei schönstem Sonnenschein schmeckte besonders gut.
An diesem Morgen war es auch noch fast windstill und so spiegelten sich die schneebedeckten Bergspitzen in den Seen. Wir fotografierten begeistert, da kam von hinten ein Mann daher und meinte, dass wir warten sollen, denn hinter dem Hügel nähern sich Karibus. Leider machten sich auch zeitgleich Jäger auf den Weg. Die Tiere kamen zwar näher, aber sie waren auf der Hut und unglaublich angespannt. Bevor sie dem Wasser zu nah kamen, schreckten sie auf und liefen wieder davon, aber das hatten wir schon erwartet. Lieber ein Bild ohne Karibus, als eins mit toten Karibus und Jägern.
Die Sonne wärmte sogar ein wenig und schon bald konnten wir ohne die geliebte Mütze auch mal das Auto verlassen. Immer wieder sahen wir vergletscherte, schneebedeckte Berge, Fichten standen grün inmitten der Heidelbeersträucher hinter denen schneeweiße Bergspitzen in den Himmel ragten. In den Seen spiegelte sich die herbstliche Landschaft. Diesen Traum-Tag hatten wir einzig und alleine meinem Hundehaufen zu verdanken, meinte Chris und fragte mich, ob ich nicht jeden Tag in einen Haufen steigen möchte, er würde mir auch die Schuhe reinigen. Doch so einfach ist das mit dem Glück ja nicht, denn egal in wie viele Haufen man steigt, man muss es unbewusst tun, sonst bringt es nichts!

Noch nie hatten wir so viele Waffen gesehen, wie hier auf dem Denali Highway. Chris meinte immer, er komme sich vor wie im Krieg, nur dass hier mit Minipanzern in Quadbike-Ausführung gearbeitet wurde. Immer wieder wurden wir angesprochen, ob wir Karibus gesehen hätten – Witzbolde!!! Einige der Gestalten waren schon echt skurril und hätten durchaus in ein Monty Python Movie gepasst. Ein verschrobener Kauz in einer wackligen Kiste mit zwei riesigen Jagdhunden, die ihre Köpfe aus den Fenstern in den Wind streckten, fragte uns bei jeder Vorbeifahrt nach Karibus. Oder Vater und Sohn mit wirren Bärten, der eine weiß der andere schwarz in zerschlissenen Klamotten, die zu Fuß ins Unterholz stiegen und bei denen man sich fragte, ob es wirklich gut ist, dass jeder Amerikaner eine Waffe tragen darf. Leider hatten sie auch noch Jagderfolg und hatten als wir an ihnen vorbeifuhren einen armen Biber erlegt.
Aber die meisten waren ganz normale Leute, die sich durch die Jagd ihren Winter-Fleisch-Vorrat beschafften. Sie waren oft mit Frauen und kleinen Kindern unterwegs. Die Jagd ist in Alaska etwas ganz alltäglich Normales, so fremd und ungewöhnlich vor allem die Massen auf uns wirkten.
Wir fuhren den Highway auf und ab, fanden Motive ohne Ende. Mal waren es die roten Heidelbeersträucher, mal war es ein besonders schöner Berggipfel, mal ein kleiner Flusslauf im Gegenlicht, mal eine besonders malerische Wolke, aber auch die Straße sah einfach klasse aus. Wir kamen kaum voran so verzückt waren wir.
Als sich der Tag langsam dem Ende zuneigte, beschlossen wir etwas weiter in Richtung Denali Nationalpark zu übernachten. Ein großer Platz der fast ringsherum von Bergen umgeben war, hatte uns schon im Laufe des Tags so gut gefallen und so schlugen wir dort unser Lager auf. Der Sonnenuntergang war fast schon kitschig, denn rosa leuchteten die Wolken über den Bergen
An diesem Abend grillten wir noch im Hellen. Bei den Bohnen, die es zu den Steaks gab, passierte mir noch etwas Dummes. Sie waren nicht wirklich gut gewürzt und so gab ich noch etwas Salz und Chili dazu. Nur leider drehte ich die Chiliflocken ganz auf und kippte die gesamte Packung in die Bohnen. Leicht entsetzt starrten wir auf die Bescherung. Vorsichtig löffelte ich die Chiliflocken wieder von den Bohnen, aber es waren trotzdem noch genug im Essen, so dass wir ganz schön von innen befeuert wurden. Chris bekam zwar heftigen Schluckauf, aß aber fast schon trotzig seine geliebten Bohnen, auch wenn er vor Schärfe nicht wirklich einschätzen konnte, ob die Bohnen nun heiß oder nur warm waren.
Leider hielt die Hitze im Inneren nicht lange vor, so dass wir bald nach dem Essen mit brennenden Mündern im Auto verschwanden.

Übernachtung: Denali Highway, wild

Sonntag, 09.09.2012
11. Tag

Um 6 Uhr morgens krochen wir aus unseren Schlafsäcken. Ein eisiger fast schon stürmischer Wind wehte durch die Landschaft und zerrte an uns. Den heißen Kaffee tranken wir lieber im warmen Auto und genossen dazu die fantastische Aussicht auf die Berge, die an diesem Morgen unter einer dicken Wolkendecke lagen. Es sah so aus, als ob dort ein heftiger Sturm tobte.
Über uns schien nach wie vor die Sonne und auch der heutige Tag würde hier am Denali Hwy schön werden. Doch für uns hieß es Abschied nehmen und so nahmen wir noch einmal sämtliche Eindrücke und auch die Sonne fest in uns auf und genossen jede Minute.
An einer tollen Aussicht auf die Alaska Range, die wir die ‚Lange Wand‘ tauften, wollte Chris ein Pano machen und stellte sich dafür in den eisigen Wind, während ich vom Auto aus die Umgebung mit dem Fernglas absuchte. Dabei entdecke ich kleine dunkle Punkte, die sich bei genauerer Betrachtung in eine Herde Karibus verwandelten. Sie kamen immer näher - wir hielten uns ganz still. Doch leider entdeckten sie uns und verschwanden so schnell wie sie gekommen waren wieder in der herbstlichen Wildnis.
Bedrohliche Wolken brauten sich an den Bergen zusammen und an einigen Stellen konnte man es regnen sehen. Leider lag genau hinter diesen dunklen Wolken unser Ziel und so ließen wir uns viel Zeit an diesem Morgen.
Wieder besuchten wir unseren Gletscher am McLaren River und einige andere liebgewonnene Aussichtspunkte. Dabei fuhren wir langsam immer weiter in Richtung Cantwell, denn für den Abend hatten wir den Campingplatz Savage River im Denali Nationalpark vorgebucht.
Das Wetter wurde langsam immer schlechter, denn wir näherten uns den schon von Weitem beobachteten Regenwolken. Gerade noch im Sonnenschein tauchten wir ein in eine weitere Episode von Alaskas Regenwetter. Wir durchfuhren eine dicke Regenfront, die den Denali Highway Staub von unserem Auto spülte, aber zum Glück hörte kurz nach dieser Wolke der Regen auf und es war nur noch bewölkt.
Die schönsten Seen lagen noch vor uns doch leider gab es durch den Wind fast keine Spiegelung. Dramatische Wolken türmten sich über den Bergen auf und ließen nur noch ab und zu etwas Himmelsblau durchschimmern.
Die letzten drei Meilen bis zur Teerstraße waren auch hier wieder geteert und genau an der Grenze zur Gravelroad stand ein total uriger Mann mit seinem umgebauten Truck. Geweihe schmückten die Stoßstange, bunte Fahnen hielten die Verzierung zusammen und Muscheln hingen an den Seiten. Er selbst war hager mit weißem Bart und Haaren. Das Auto und er passten so gut zusammen, so dass Chris fragte, ob er die zwei fotografieren könnte. Stolz stellte sich der Mann neben seinen LKW. Die Zwei passten perfekt hierher. Noch immer schmunzelnd fuhren wir weiter.
In Cantwell bekam unser Auto etwas zum Futtern und weiter ging es unserem Tagesziel dem Denali Nationalpark entgegen.

Der Denali Nationalpark umfasst ein Gebiet von 24585 km² und wurde am 26.02.1917 als Mount McKinley National Park gegründet. 1980 wurde er in den Denali National Park umbenannt und 1976 von der UNESCO zum internationalen Biosphärenreservat ernannt.
Sein Name stammt aus dem Indianischen und bedeutet so viel wie ‚der Hohe‘, denn „Denali‘ bezieht sich auf den Mount McKinley, der mit seinen 6193 m der höchste Berg Nordamerikas ist. Um ihn und die einzigartige Tierwelt zu erleben, kommen jährlich bis zu 400000 Menschen in den Park, der über den George Parks Highway mit dem Auto oder auch mit dem Zug aus Anchorage und Fairbanks zu erreichen ist. Eine ca. 135 Kilometer (vom Visitor Center) lange Straße führt in den Park hinein, aber nur die ersten 15 km (bis zur Savage River Brücke) dürfen von Privatfahrzeugen befahren werden. Wer weiter ins Innere des Parks vordringen möchte, muss auf einen Pendelbus oder das Fahrrad umsteigen, auch zu Fuß darf der Park erwandert werden, dazu benötigt man aber ein Permit. Es gibt einige Campingplätze im Park und zu den beliebtesten und schönsten zählt der Wonder Lake Campground, den wir am folgenden Tag mit dem Camperbus besuchen wollten. Doch vorerst mussten wir noch unsere Permits für die Campingplätze bestätigen lassen und uns die Bustickets holen.
Das Wetter wurde immer schlechter und so kamen wir bei leichtem Nieselregen am Eingang zum Denali Nationalpark an.
Endlich konnten wir uns mit eigenen Augen ein Bild von diesem bekannten Park im Herzen Alaskas machen und waren schon sehr gespannt, was uns erwarten würde.
Gleich am Parkeingang leitete uns ein Schildersystem zur Anmeldung am Riley Creek Camp.
http://www.nps.gov/dena/planyourvisit/campground-riley.htm
Eine nette Rangerin kontrollierte unsere Reservierungen und stellte fest, dass wir eigentlich zu wenig für die Campsites dafür aber zu viel für den Eintritt mit dem Annual Pass bezahlt hatten. So bekamen wir noch 7 US$ raus.
Hier in dem kleinen Campershop mit der Anmeldung bekommt man eine kleine Auswahl an Lebensmitteln und kann für 4 US$ duschen gehen – man bekommt zu dem Schlüssel für seine Dusche sogar noch ein Handtuch dazu. Das nutzten wir natürlich gleich aus, denn mittlerweile regnete es in Strömen.
Nach dieser Wohltat ließ doch tatsächlich der Regen nach und mit einem Kaffee bewaffnet machen wir uns auf den Weg zum Visitor Center, denn wir wollten noch herausfinden, wo für den morgigen Tag der Busparkplatz ist. Die nette Rangerin sagte uns, dass der Camperbus zum Wonder Lake am Murie Science and Learning Center startet, wir aber das Auto beim Visitor Center auf den Langzeitparkplatz abstellen sollten. Das schauten wir uns nun etwas genauer an. Zuerst landeten wir natürlich beim Zugterminal, nee hier fährt bestimmt kein Bus, dann erinnerten wir uns, dass sie gesagt hatte, wir sollten den Vogelspuren folgen. Wir dachten jedoch uns verhört zu haben, aber es waren tatsächlich gemalte Vogelspuren am Boden und so landeten wir genau am Bus Stopp vor dem Murie Science and Learning Center. Tja, jetzt musste der Bus nur noch fahren, denn gerade am heutigen Tag, waren die meisten Busse wegen Schnee ausgefallen und es wurde Neuschnee für die Nacht angesagt. Das waren ja gute Aussichten, aber wir sollten trotzdem am Morgen zum Visitor Center kommen und würden dort erfahren, ob der Bus fährt oder nicht.
Wenigstens wussten wir nun, wohin wir mussten und alles andere würde sich am morgigen Tag finden. Nun konnte es losgehen zu unserer Campsite am Savage River. Unterwegs sahen wir leider kein einziges Tier. Dafür türmten sich dunkelblaue Schneewolken über den Bergen auf und je näher wir der Savage River Campsite kamen, desto bedrohlicher wurde die Stimmung. Fasziniert schauten wir den Scheibenwischern zu, die diesmal nicht mit Regen sondern mit Schnee kämpften. Na, das konnte ja heiter werden. Wenn es hier schon schneite, wie würde es dann erst morgen ausschauen?
Im dichten Schneetreiben suchten wir uns einen Stellplatz auf dem Savage River Campground, der mitten im Wald lag. Hier warteten wir erst einmal in unserem Auto. Langsam wurde es weiß um uns herum. Immer wieder warfen wir ungläubige Blicke aus dem Auto, um uns gleich darauf in unsere Bücher zu vertiefen. Irgendwann hörte es zum Glück auf zu schneien und wir zogen uns warm an, um eine Runde zum Fluss zu gehen. Die Wolken hatten sich etwas verzogen, auch wenn sie immer noch an den Bergen hingen. Der Weg zum Fluss war zwar kurz aber sehr schön. Überall waren Tafeln mit Bildern und Erklärungen von früher und heute. Vor uns lag die Flusslandschaft und dahinter türmten sich die dunklen Schneewolken auf, die Sonne kam sogar kurz heraus und bestrahlte das gelbe Laub der Birken. Der Wind war sehr eisig und es roch nach Schnee. Wir alberten etwas herum, immer aufmerksam, ob nicht irgendwo ein Bär des Weges käme, aber bis auf ein paar Krähen sahen wir kein einziges Tier.
Zurück an unserem Auto beschlossen wir, die Strecke zum Visitor Center noch einmal zu fahren, wo wir ein Restaurant gesehen hatten, denn bei der Kälte und Nässe hatten wir so gar keine Lust zum Kochen, außerdem kann man mit etwas Glück unterwegs Elche beobachten und wir konnten uns im Auto mit der Heizung wieder etwas aufwärmen.
Unterwegs standen immer wieder Autos am Straßenrand. Mit etwas Mühe und dem Fernglas entdeckten wir weit weg ein Karibu und ein paar Elche. Etwas weiter vorne hatten ein paar Fotografen ihre Stative und Kameras aufgebaut. Neugierig hielten wir an. Ein Elchbulle sowie eine Elchkuh mit Kalb standen in den Büschen. Sie waren leider kaum zu sehen, doch ab und zu konnten wir etwas vom Geweih oder Fell oder eine Nase erkennen. Hier blieben wir eine ganze Weile, bis uns der Hunger weiter trieb. Unterwegs kamen wir noch an dem Abzweig zu den Schlittenhunden vorbei. Ein paar Praktikanten gingen gerade mit zwei jungen Hunden spazieren, die ungestüm an ihren Leinen zogen.
Am Visitor Center angekommen stürmten wir zum Restaurant, aber leider hatte es schon geschlossen. So zerplatzte der Traum von Burgern mit Pommes und an seine Stelle rückte die Idee vom Wurstbrot. Die konnte zwar nicht wirklich begeistern, war aber alles was wir machen konnten und wollten.
Auf dem Rückweg hielten wir noch einmal bei den Elchen an und verweilten bis sie endgültig in den Büschen verschwanden. Die Sonne hatte sich schon lange hinter den Wolken versteckt und so fuhren wir zurück auf die Campsite. Hier lag immer noch Schnee und so langsam „schnieselte“ (Mischung aus Nieselregen und Schnee) es wieder. Wir bauten schnell unser Bett und ließen dann die Kofferraumklappe offen, um unter unserem Dach noch ein Brot zu futtern. Es war zwar kein Burger, aber schmeckte dann doch besser als erwartet. Auf unserer Nachbarcampsite waren eifrig Asiaten beim Kochen. Sie ließen sich weder von der Kälte noch von dem Schneeregen stören und schnatterten die ganze Zeit mit einer ansteckend guten Laune. Ein Topf nach dem anderen landete auf dem Kocher und schon bald zogen verführerische Dämpfe zu uns herüber. Etwas neidisch waren wir schon, aber uns war es einfach zu nass und zu frisch. So knabberten wir an unserem Brot und zogen uns zeitig in unser ‚WoMo‘ zurück.

Übernachtung: Savage River Campground, Denali Nationalpark

Montag, 10.09.2012
12. Tag

Über Nacht hatte es noch mehr geschneit und unser Auto lag unter einer ca. 3 cm dicken weißen Schneehaube. Das wird doch nie etwas, murrte ich um 5 Uhr morgens, packte aber trotzdem brav unser Zeug für die Busfahrt zusammen. Schon bald türmten sich in unserem Auto Taschen mit Zelt, Schlafsäcken und Isomatten, auch die Kissen mussten mit und etwas zum Anziehen. Die schwerste Tasche war jedoch mit unserem Essen bestückt, denn neben Kocher, Gas, Kaffeekanne und Töpfen mussten wir Lebensmittel für zwei volle Tage sowie Getränke mitnehmen. Doch irgendwann war alles gepackt und wir fuhren los – im tiefsten Winter. Es war noch dämmrig als wir am Visitor Center ankamen. Dort fragte Chris nach den Bussen, aber keiner konnte ihm sagen wann, aber fahren würden sie. Es lag auf alle Fälle Schnee auf der Stecke und musste erst geräumt werden, bevor die Busse fahren dürften.
Zwar bekam Chris keine befriedigende Auskunft, kam aber dafür mit zwei dampfenden Kaffeebechern und eine paar Keksen wieder, so dass wir unsere Lebensgeister wecken konnten.
Wir fuhren zu unserer Bushaltestelle und warteten dort, nebenbei packten wir noch etwas die Taschen um und stapelten dann alles an der Bushaltestelle. Chris brachte noch schnell das Auto zum Langzeitparkplatz des Visitor Centers. So nach und nach kamen auch ein paar Leute mit den gleichen hoffnungsvollen Gesichtern. Die Zeit verrann nur so und auf einmal kam unser Bus auf dem groß „Camperbus“ stand. Ned, unser Busfahrer, stieg aus und räumte das gesamte Gepäck in den Bus, der in seinem hinteren Bereich genug Platz für etliche Taschen bot. Wir waren schon die meistbepackten in unserer Gruppe, denn alleine die zwei Fotorucksäcke und die Stative sahen nicht gerade klein aus, dazu kamen noch drei Taschen, aber wir mussten ja am Wonder Lake Campingplatz nicht viel laufen, so dass wir alles problemlos transportieren konnten.
Als alle Taschen verstaut waren schaute Ned uns an und sagte, dass wir vorerst noch warten müssten da die Straße noch nicht freigegeben sei. Alle gerade noch hoffnungsfrohen Gesichter fielen in sich zusammen, doch wir waren dankbar aus der Kälte in den Bus steigen zu dürfen und warteten dort weiter.
Im Sonnenaufgang verfärbte sich der Himmel in den schönsten Farben, Reste der tief hängenden Wolken lagen wie Nebelfetzen vor den Bergen. Dahinter ging langsam die Sonne auf und immer mehr blauer Himmel wurde sichtbar. Wie gerne wären wir jetzt schon unterwegs gewesen und hätten den spektakulären Himmel draußen bewundert. So warteten wir jedoch an der Bushaltestelle. Bald darauf bekam Ned über Funk Anweisungen und so fuhren wir zum Visitor Center, um dort noch jemanden abzuholen. Dann lasen wir noch jemanden an einer anderen Haltestelle auf und auf einmal bekamen wir das ersehnte ‚Go’. Freudiges Getuschel breitete sich im Bus aus und so hatten wir wohl richtig gehört. Auch Ned strahlte und sagte, dass es nun losginge.
Kaum aus dem Wald heraus, bot sich unseren Augen eine Bergkulisse, die ihresgleichen sucht. Wo am Vortag noch alles grau in grau war, strahlte uns nun die Sonne entgegen, eine feine Puderzuckerschicht lag über der Landschaft und wir kamen uns vor, wie im „Winterwonderland“. Immer wieder rissen die Leute die Fenster auf, um wenigstens im Vorbeifahren ein paar Bilder zu machen. An diesem Morgen wären wir zu gerne selbst unterwegs gewesen, ich denke für die paar Meilen bis zur Savage River Brücke hätten wir bestimmt den halben Tag gebraucht und so kamen wir wenigstens vorwärts.
An der Savage River Brücke, stieg noch eine Rangerin zu und erzählte uns noch ein paar Dinge über die Strecke und den Park, danach durften wir dann die Schranke passieren. Vor lauter genialer Landschaft hatten wir eh nur die Hälfte verstanden. Die Weite der Berglandschaft, die verschneiten Täler, die Nebelfetzen - es war wie eine Droge und wir würden am liebsten überall halten. Doch leider sah Ned das etwas anders und so wurde ‚nur’ für Tiere und Ausblicke auf den Mount McKinley gehalten. Der Weg war einfach zu weit und wir wollten ja noch im Hellen an der Campsite ankommen. Der Berg der Berge lag jedoch unter einer dicken Nebelschicht und nur die Spitze schaute etwas schüchtern raus. Selbst das war schon so beeindruckend, dass wir vollauf zufrieden waren.

An einer Passstraße stand ein Auto und wir wunderten uns, warum der mitten auf dem Weg stand. Da entdeckten wir einen Grizzly, der an einem schneefreien Hang Beeren und Blätter fraß. Beeindruckend stand er in den rotblättrigen Heidelbeersträuchern und ließ sich durch uns gar nicht stören. Ab und zu warf er mal einen Blick in unsere Richtung, während er kaute. Gebannt schauten wir ihm zu. Leider drehte er sich nach einer Weile um und lief über den Berghang davon. Weiter ging die Fahrt bis zu unserem ersten Stopp an einem Aussichtspunkt bei Primrose Ridge. Dort räumte ein Ranger gerade Schnee, der wunderbar in der Sonne glitzerte. Eine Aussichtsplattform gab den Blick auf eine Flusslandschaft mit den Bergen im Hintergrund frei. Hier verweilten wir 15 Minuten, dann rief Ned und wir stiegen wieder brav in den Bus.
Später entdeckten wir noch eine Elchkuh, die an den schneebedeckten Zweigen einiger Büsche fraß. Leise beobachten wir sie. Es freute uns, wie ruhig alle im Bus waren. Jeder genoss diesen besonderen Tag auf seine Weise. Je näher wir dem Eielson Visitor Center kamen, desto öfter wurde der Blick auf den Mt. McKinley freigegeben. Mittlerweile hatte sich der Nebel gelichtet und der Berg lag in voller Schönheit vor uns. Ein Tag wie ihn sich jeder Besucher wünscht, blauer Himmel und ein schneebedeckter Mt. McKinley, der wunderschön und erhaben vor uns lag. Alleine schon der Anblick ließ einen den Atem anhalten, am liebsten hätten wir nach jeder Kurve Stopp gerufen, aber Ned baute genug Pausen ein, damit auch jeder seine 1000 Bilder vom Berg machen konnte.
Einen weiteren etwas längeren Stopp hatten wir beim Polychrome Overlook. Die Straße hatte uns schon gut die Berge hinauf geführt, unter uns ein Flusstal, in dem silbrig glänzend mehrere Arme eines Flusses dahinplätscherten. Durch das Weiß wirkte alles so unberührt und schön. Ein kleiner Weg führte uns zu einem anderen Aussichtspunkt. Hier wiesen einige Schilder auf den Tundra Bewuchs hin, der jedoch schon in der Winterpause war. Nur ein paar nackte Zweiglein streckten sich uns noch entgegen, auf ihnen lagen Schneepuschel wie kleine Blüten. Wie gerne hätten wir mehr Zeit gehabt, doch schon rief Ned und wir mussten zurück zum Bus.
Ein weiterer Stopp war am Toklat River. Hier kann man mit etwas Glück Dall-Schafe in den steilen Felswänden entdeckten. Wir mussten gar nicht so sehr suchen, denn durch den Schnee waren die Schafe im Tal und knabberten Gras an einigen schneefreien Stellen. Wir gingen bis zum Fluss und genossen den Ausblick auf die freie wilde Bergwelt. Natürlich musste Chris sich noch den Spaß erlauben und setzte sich ein Karibu Geweih auf den Kopf für ein Andenkenbild, wie sicher schon Tausende vor ihm.
Am Eielson Visitor Center hatten wir 30 Minuten Aufenthalt. Eigentlich hat man hier bis zu einer Stunde Zeit, aber wir waren spät dran durch die morgendliche Verspätung. Von hier aus hat man einen wunderbaren Blick auf den Mt. McKinley und seine Nachbarberge. Aber leider wehte hier oben ein eisiger Wind, dem wir einige Zeit trotzten. Es gibt hier oben auch einen angelegten Pfad, dem man folgen kann, aber der war leider tief verschneit und in 30 Minuten nicht wirklich gemütlich zu schaffen, jedenfalls nicht, wenn man auch noch Panos und Bilder von der Bergkulisse machen wollte. So entschieden wir uns am Center zu verweilen und versuchten dick eingemummelt dem Wind stand zu halten. Bald schon spürten wir unsere Gesichter nicht mehr und die Finger wurden in den Handschuhen taub. Das war für mich der richtige Zeitpunkt zum Bus zurückzukehren und uns etwas zu essen zu machen. Chris blieb weiter wie ein Fels in der Brandung stehen bis es Zeit zum Aufbrechen wurde. Im Bus verspeisten wir mit klammen Fingern unsere Brote und sogen ein letztes Mal die Kulisse in uns auf, dann ging es weiter unserem Ziel entgegen.

Von nun an sahen wir den Mount McKinley ständig. Sehr gefiel uns als Ned den Bus an einer besonders schönen Aussicht anhielt und sich zu uns herumdrehte und sagte, dass er an dieser Stelle eigentlich Bilder vom Berg im Bus herumzeigt, denn der ‚Denali‘ liegt den Großteil des Jahres unter Wolken. Dieses Jahr soll es erst drei Tage gegeben haben, an denen der McKinley so klar zu sehen war. Selbstverständlich war der 10.09. der beste dieser Tage. In Gedanken bedankte ich mich bei meiner Omi, die an diesem Tag Geburtstag gehabt hätte für das Traumwetter. An einem Fluss sahen wir noch einen Jungbären, der jedoch schnell das Weite suchte.

Wir näherten uns unserem Ziel, dem Wonder Lake Campground. Kurz vorher entdeckten Mitreisende noch ein paar Karibus, die durch die Weiten der Tundra spazierten. Hier wurde die Landschaft wieder herbstlich und der Schnee am Boden verschwand. Dann bog unser Bus von der Straße ab und wir legten die letzten 2,5 Meilen bis zum Campingplatz zurück.
Angekommen spuckte uns der Bus aus und wir sammelten alle Sachen zusammen und machten uns auf die Suche nach einer freien Campsite. Hier war es eindeutig von Nachteil so schwer und voll bepackt zu sein, denn alle anderen liefen leicht bepackt davon und wir schlichen hinterher. Irgendwann ließ Chris mich stehen und schaute alleine weiter, während ich abwartete, denn irgendwie schienen alle Campsites schon belegt und Chris wollte erst einmal schauen, bevor wir die schweren Taschen bis zum Ende des Campingplatzes schleppten.
Strahlend kam er zurück, denn er hatte noch zwei tolle Sites entdeckt mit einer einzigartigen Aussicht auf den Mt. McKinley. Wir suchten uns eine Site aus und brachten unser Zeug dorthin. Das Zelt stand schnell, bestückt mit Isomatten, Schlafsäcken, Kissen, Kuscheldecke… Unsere Lebensmittel und den Kocher brachten wir im Food Locker, einem bärensicheren Metallschrank unter.
Auf der Fahrt hatte Ned uns vom Reflection Pond erzählt, einem kleinen See, worin sich bei Windstille der Mount McKinley spiegeln soll – dorthin wollten wir noch an diesem Nachmittag.
Wir schnappten Kamera und Stative und machten uns auf den Weg. Die 2,5 Meilen zogen sich ganz schön dahin, zumal es ständig bergauf ging. Doch die Schönheit der Landschaft lenkte uns immer wieder ab. Wir kamen am Trailhead zum McKinley Bar Trail vorbei, aber dafür hatten wir an diesem Nachmittag keine Zeit. So wanderten wir weiter. Als hinter uns ein Tagesausflugsbus erschien, hielten wir ihn auf. Die Busfahrerin meinte, dass sie voll sei, aber sie hatte Erbarmen mit uns und nahm uns noch das steilste Stück des Weges mit. Wir fanden das super nett, denn sie hätte uns eigentlich nicht stehend transportieren dürfen.
Am Abzweig folgten wir 0,8 Meilen der Straße nach Kantishna und kamen an den Häusern einiger Parkangestellter vorbei. Links von uns lag die Bergkulisse mit dem Mount McKinley als Blickfang. Rechts von uns lag hüglige Tundralandschaft bewachsen mit Heidelbeersträuchern und anderen Kleingewächsen. Wir waren so beeindruckt von dieser sagenhaften Kulisse, dass die Zeit nur so verflog und wir schon bald die 0,8 Meilen bis zum Pond zurückgelegt hatten. Doch leider wehte ein strenger kalter Wind, so dass wir keine Spiegelung im Wasser sehen konnten. Stattdessen planschten ein paar Enten auf dem See herum und kleine Wellen kräuselten sich auf seiner Oberfläche. Chris fand einen Weg hinab zum Seeufer. Hier sah es schon besser aus und wir sahen sogar etwas die Bergspitzen im Wasser spiegeln. Chris meinte, dass mit Sonnenuntergang sicher auch der Wind nachlassen würde und so machten wir es uns am Ufer bequem und warteten. Wanderer kamen vorbei und ein paar Chinesen blieben sogar einige Zeit. Mittlerweile waren wir mächtig ausgekühlt und wanderten immer wieder im Schnellschritt die Straße rauf und runter, bis uns wieder etwas wärmer wurde. Als langsam das Licht immer besser wurde, ließ auch der Wind etwas nach und wir bekamen ab und zu ein wenig Spiegelung zu sehen. Sofort glühten die Auslöser, aber leider wurde es nie so richtig windstill. Trotzdem sah es wunderbar aus, wie das Licht die Berge langsam in einem warmen Gelb leuchten ließ. Zugvögel zogen laut schnatternd in perfekter Formation an uns vorbei. Noch etwas später wurde aus dem Gelb ein Orange, das langsam in einen rosa Farbton überging. Sonst war es absolut still. Als nur noch die Bergspitze des Mount McKinley rosa leuchtete, war für uns der Augenblick des Abschieds gekommen, denn wir wollten noch so viel wie möglich von den 4,5 km im Hellen bzw. der Dämmerung hinter uns bringen. So machten wir uns schnellen Schrittes auf den Weg. Zum Glück ging es ebenerdig dahin und später sogar bergab. So schafften wir die Strecke in einer Dreiviertelstunde. Dabei war sogar noch das ein oder andere Bild vom Berg der Berge drin. Zurück schnatterten wir den ganzen Weg, begeistert von den Eindrücken dieses perfekten Tages und auch damit wir ja keinen Bären aufschrecken. Wir waren froh und glücklich noch eine weitere Nacht auf dem Campingplatz gebucht zu haben. Der kühle Wind war mittlerweile eiskalt und trotz des flotten Schrittes wurde uns nicht mehr richtig warm und wir froren schon bald nachdem wir auf der Campsite angekommen waren. Aber natürlich konnten wir nicht total ausgehungert ins Bett gehen und so kochten wir noch schnell Tortellini mit Tomatensoße. Kurz darauf zitterten wir im Duett und verschwanden schnell im Zelt. Durch die Fotorucksäcke und die Reisetaschen war es sehr eng und wir konnten uns kaum bewegen. Zum Glück wurden wir gleich wieder warm in unseren kuscheligen Schlafsäcken, doch die Mütze behielt ich vorsichtshalber erst einmal auf.

Übernachtung: Wonder Lake Campground, Denali Nationalpark
Dienstag, 11.09.2012
13. Tag

Als der Wecker klingelte, schreckten wir aus einem erschöpften Schlaf. Doch wir waren warm und fühlten uns gut, obwohl die Luft im Zelt eisig war und der Atem dampfte. Am liebsten wäre ich gar nicht aufgestanden, aber wir wollten zum Sonnenaufgang an den Pond und so mussten wir wohl oder übel aus dem warmen Schlafsack klettern. Bibbernd schlüpften wir in unsere Klamotten von denen wir einen Teil mit im Schlafsack hatten und die dadurch angenehm temperiert waren. Als wir in etliche Lagen warmer Sachen gehüllt aus dem tief gefrorenen Zelt gekrochen waren stellte Chris fest, dass er den Wecker eine Stunde zu früh gestellt hatte. Wie? Was machen wir denn jetzt? Zitternd schauten wir uns an. Okay, dann frühstücken wir erst einmal, beschlossen wir, denn ein heißer Kaffee konnte nicht schaden.
Als wir beim Frühstücken waren, kamen auch die zwei anderen Fotografen von gestern und machten sich Frühstück. Danach gingen wir gemeinsam zur Bushaltestelle vor, denn um 6.30 Uhr würde der erste Bus in Richtung Parkausgang fahren und somit würden wir uns wieder einige Meilen an Weg sparen.
Pünktlich kam der Busfahrer, der ebenfalls etwas verfroren aussah. Als er uns Vier am Abzweig herauslassen musste, meinte er lapidar: „Macht Euch um mich keine Sorgen, ich schaffe das schon alleine!“ Vor ihm lag der lange Weg bis zum Parkeingang, den er nun leider alleine verbringen musste. Schmunzelnd verließen wir den Bus und machten uns auf den bekannten Weg. Quatschend gingen wir die restlichen 0,8 Meilen bis zum Reflection Pond, der dank relativer Windstille fast klar vor uns lag. Wunderbar spiegelte sich die Range im Wasser. Das erste Licht beleuchtete die Spitzen der Berge rosa und schlängelte sich immer heller werdend die Berge hinunter. Das Gras am Ufer war mit Raureif überzogen und auch die Steine, auf denen wir gestern noch gesessen hatten glitzerten silbrig.
Als es hell war und auch der Wind wieder stärker wurde, wollten die zwei Fotografen zur Tierfotografie aufbrechen und Ben gab uns noch den Tipp auf eine kleine Anhöhe zu steigen, denn von dort sollte angeblich Anselm Adams sein bekanntes Bild vom Mount McKinley mit dem Wonder Lake gemacht haben. So folgten wir den Elchpfaden bis wir die Anhöhe erreicht hatten. Von hier aus hatten wir eine tolle Aussicht auf den Wonder Lake mit dem McKinley dahinter. Mittlerweile wärmte auch die Sonne etwas. Es war so wunderbar hier und es schien fast als ob wir alleine an diesem einzigartigen Ort wären. Wir verspeisten unsere Brote und ulkten etwas mit dem Bärenspray herum, das mittlerweile unser treuester Begleiter war.
Zurück am Reflection Pond erklommen wir die gegenüberliegende Anhöhe, denn hier hatte Chris gestern schon ein paar interessante Pflanzen und einen schönen kleinen See gesehen, wohin er mich nun führte. Unterwegs naschten wir noch ein paar Heidelbeeren. Wow, hier war es ja wunderschön. Es gab so viel zu erkunden, dass zwei Nächte nie und nimmer ausreichten, vor allem bei diesem Wetter. Wir machten ein paar Blümchenbilder und gingen dann zum See. Dort spiegelte sich der McKinley perfekt im Wasser. Uns blieb fast die Spucke weg, so beeindruckt waren wir. 30% aller Parkbesucher bekommen lt. Ned den McKinley in seiner ganzen Pracht zusehen und wir durften ihn nun schon zwei Tage bewundern. Es wurde sogar richtig warm, so dass wir nur in Shirts herumliefen. Sehr zufrieden traten wir den Rückweg an und kamen ca. eine Stunde später auf unserer Campsite an. Hier gab es erst einmal ordentlich Mittagessen und auch die Nudeln für den Abend kochten wir schon vor. Danach saßen wir in der Sonne und genossen das sagenhafte Wetter. Die Sonne stand über der Bergkulisse und funkelte wie ein Diamant.

Am Nachmittag machten wir uns wieder auf den Weg. Wir erkundeten das Gebiet oberhalb unserer Campsite und fanden einen schönen Platz für den Sonnenuntergang.
Doch zuerst wollten wir den McKinley Bar Trail laufen, an dessen Beginn wir schon mehrmals vorbeigekommen waren. Der Trail wurde mit 3,9 km Weglänge angegeben, eine nette kleine Runde fanden wir. Doch wir täuschten uns gewaltig, denn wie wir später feststellten war das nur der einfache Weg ohne Rückweg. Doch vorerst ahnten wir davon nichts und machten uns frohen Mutes auf den Weg. Der Pfad führte zuerst durch relativ freies Gelände, dann wurde er extrem steinig und war schon fast unangenehm zu Laufen, denn immer wieder rutschte man von den Steinen und kam nicht so recht voran. Dieser Steinweg führte in den ersten Wald und ging dort wieder in einen Pfad über. Doch der Weg wurde immer morastiger, so dass später Bretter den Pfad bildeten. Dann kamen wir wieder zu einer Marsch-Landschaft. Ein Bach plätscherte dahin und der Mount McKinley spiegelte sich im Wasser kleiner Seen. Mittlerweile hatten sich etliche Schleierwolken am Himmel gebildet und es sah nach einem Wetterumschwung aus.
Aufmerksam suchten wir die Umgebung ab, denn auf dem Trail war vor nicht allzu langer Zeit ein Bär gesichtet worden. Doch wir sahen nichts. Weiter ging es durch dichten Wald, der kein Ende zu nehmen schien. Er war relativ dunkel und buschig, nichts war zu hören, außer ab und an mal ein Knacken. So langsam kamen wir ins Grübeln, denn eigentlich hätte der Wendepunkt schon kommen müssen. Die Sonne verzog sich immer weiter hinter den dichter werdenden Wolken. Der Weg war doch kein Rundweg, sondern als einfacher Weg angegeben und dadurch waren wir viel zu spät unterwegs. Wenn wir noch den Sonnenuntergang an der Campsite sehen wollten, mussten wir umkehren. Ca. einen Kilometer vor dem Ziel brachen wir ab. Mittlerweile schmerzten unsere Füße und so schleppten wir uns zum Campingplatz zurück. Ich glaube an diesem Tag sind wir locker 20 km bergauf und bergab gelaufen. Es war klasse, auch wenn unsere Kondition etwas zu wünschen übrig ließ.
Zurück auf der Campsite machten wir unser Abendessen warm. Skeptisch beäugten wir dabei den Mount McKinley, der dank der dichten Wolken mittlerweile ganz im Schatten lag.
Pünktlich zum schönsten Licht machten wir uns auf den Weg oberhalb der Campsite. Dort hatten wir ja schon am Nachmittag einen tollen Platz ausfindig gemacht, wo wir den Sonnenuntergang genießen wollten. Vor uns liefen zwei Jungs voll beladen mit riesigen Rucksäcken an denen Kochtöpfe baumelten und Wasserkanister hingen. Diese Zwei zog es ins Hinterland, wo sie sich später an einem tollen Platz in bester Berg Lage ihr Zelt aufbauten.
Leider blieben die Wolken dicht und der McKinley erstrahlte nicht im vollen Glanz, aber weiter vorne waren die Wolken nicht so dicht und ein wunderschönes Licht lag auf den Bergen. Es wäre der Hammer gewesen, wenn der McKinley nur für kurze Zeit geleuchtet hätte, aber wir durften hier zwei Hammertage erleben und so wollten wir nicht klagen und gingen wohl gelaunt zurück zu unserem Zelt.
Mit der Dämmerung wurde es wieder empfindlich kalt und so zogen wir uns nach einem After-Sundowner in unser Zelt zurück. Ein perfekter Tag ging zu Ende. Wir waren unendlich dankbar und glücklich, hier an diesem besonderen Ort so eine tolle Zeit gehabt zu haben und schliefen schon bald leicht fröstelnd ein.

Übernachtung: Wonder Lake Campground, Denali Nationalpark
Mittwoch, 12.09.2012
14. Tag

Leider hatte ich gar nicht gut geschlafen, denn die 20 Kilometer hatten mich wohl etwas überanstrengt. So war ich zigmal wach und mein ganzer Körper schmerzte. Dadurch wurde ich nicht richtig warm und fror heftig. So kämpfte ich mich bis ca. 1 Uhr durch die Nacht. Zu dieser Uhrzeit hatte Chris den Wecker gestellt, denn er wollte nach Nordlichtern Ausschau halten. Leider sah er nichts, bzw. zu meinem Glück, denn gerade zu diesem Zeitpunkt hatte ich mich so weit regeneriert, dass ich wieder warm wurde und endlich schlafen konnte. So wurde dann aus einem fröstelnden Halbschlaf ein warmer wohliger Tiefschlaf.
Wir schliefen bis 6.30 Uhr und quälten uns dann aus unseren Schlafsäcken. Irgendwie tat auch an diesem Morgen alles weh, aber als wir etwas in Schwung kamen wurde auch das Getriebe gängiger.
Wir schauten uns um und wollten eigentlich den Sonnenaufgang am Mount McKinley fotografieren. Doch unser treuer Freund war weg. Eine dicke Wolkenschicht hatte ihn eingehüllt und nur die kleineren Berge schauten drunter durch. Trotzdem wanderten wir zu unserem gestrigen Sonnenuntergangspunkt. Auch wenn der Denali sich nicht zeigte, waren die anderen Berge auch sehr eindrucksvoll und sogar der Himmel verfärbte sich etwas.
Zurück auf unserer Campsite frühstückten wir erst einmal ausgiebig. Wir hatten genug Zeit, denn unser Bus ging erst um 13.15 Uhr. Kühl war es wieder an diesem Morgen. So hielten wir unsere warmen Kaffeebecher in den behandschuhten Händen und ließen uns unsere Brote schmecken. Später bauten wir unser Zelt ab und packten gemütlich alles zusammen. Der Abschied fiel diesmal besonders schwer, auch wenn das Wetter wieder schlechter wurde. Die zwei schönen Tage hatten uns so begeistert, dass Chris meinte, dass wir nicht wieder hierher kommen dürfen, denn so toll wird es nie wieder werden. Aber wenn es eine Steigerung von schlimmer gibt, warum sollte es dann keine Steigerung von genial geben? Wenn es irgendwie geht, möchte ich hier noch einmal her, aber dann mit noch etwas mehr Zeit im Gepäck.
Rechtzeitig wanderten wir voll beladen zur Bushaltestelle. Mit uns wollten recht viele Leute den Campingplatz verlassen. Es war eh der vorletzte Saisontag und trotzdem kamen auch an diesem Tag etliche Camper hier an.

Unser Bus hatte Verspätung aber irgendwann entdeckten wir ihn auf der Straße. Wir waren schon ganz unruhig, denn es hätte ja auf der Strecke viel Schnee haben können, so dass der Bus nicht durchgekommen wäre. Obwohl wir gegen eine weitere Nacht auf dieser Traumcampsite nichts einzuwenden gehabt hätten.
Wieder war Ned unser Fahrer und er sagte, dass sie unterwegs so viele Tiere hätten, so dass sie einfach nicht vorwärts gekommen wären.
Auch auf der Rücktour sahen wir viele Tiere. Leider waren alle sehr weit weg, aber als besonders schönes Erlebnis empfand ich die Sichtung eine Grizzlybärin mit ihren zwei Kleinen, die langsam einen Berg erklomm. Die Kleinen liefen spielend hinter der Mama her, bis sie über die Bergkuppe liefen und unseren Blicken entschwanden. Dall-Schafe sahen wir relativ nah, aber leider im Gegenlicht, so dass sie sich wie dunkle Silhouetten vom Himmel abhoben. Doch im Bus herrschte Fotostimmung pur und so blitzen die Kameras und alle Passagiere hingen an den Scheiben. Auch ein paar Elche ließen sich nicht lumpen und zeigten sich den begeisterten Busfahrern. Besonders ein Amerikaner war so begeistert, dass er Ned fast anbrüllte, sobald er den Bus anmachte und immer wieder Stopp rief. Wir ließen es schmunzelnd über uns ergehen, denn die Tiere waren viel zu weit weg und man sah immer wieder nur etwas Fell. Zu guter Letzt sahen wir noch einen letzten Bären und dann waren wir auch schon zurück in der Zivilisation. Zuerst am Eielson Visitor Center, wo wir wieder 30 Minuten Pause machten. Auch die anderen Punkte fuhren wir wieder an. Dann ließen wir so nach und nach Leute aussteigen, die auf Campsites unterwegs blieben.

Zurück am Murie Science and Learning Center stiegen die restlichen Leute aus. Wir verabschiedeten uns von einigen liebgewordenen Mitcampern und Chris holte das Auto, während ich bei unseren Sachen blieb. Wir verstauten alles und machten uns auf den Weg zum Savage River Campingplatz, wo wir eine weitere Nacht gebucht hatten.
Unterwegs kamen wir an einer Elchfamilie vorbei. Hier hielten wir und packten unsere Kameras aus, denn sie waren nah an der Straße und ließen sich von uns und den anderen Autos überhaupt nicht stören. Leider war das Licht schon sehr schlecht, denn auch hier hatten sich dicke Wolken gebildet und es sah nach Schnee aus. Doch immer wieder kam ganz kurz die Abendsonne heraus und warf ein sanftes Licht auf die Tiere.
Als Krönung dieses Tages gab es noch einen fantastischen Sonnenuntergang, denn die dicken dunklen Schneewolken gingen nicht ganz bis zum Horizont und so kam noch einmal für einen Augenblick die Sonne heraus und verzauberte uns und die wunderbare Landschaft des Denali Nationalparks.
Zurück auf dem Campingplatz begossen wir diese fantastischen Tage mit ein, zwei oder drei Gin Tonic und wurden immer lustiger. Diesmal war es schon dunkel und da uns die ‚Camphostine‘ vor einem Bären, der sich am Nachmittag hier herumtrieb gewarnt hatte, saßen wir schon bald in unserem ‚Camper‘.

Übernachtung: Savage River Campground, Denali Nationalpark

Donnerstag, 13.09.2012
15. Tag

Tief und traumlos hatten wir in dieser Nacht geschlafen. Als wir die Augen öffneten, war die Scheibe im Auto leicht gefroren. Es hatte jedoch nur -1°C. Dafür war es draußen stark bewölkt. Das typische Alaskawetter hatte uns wieder. Wir ließen uns Zeit und räumten alles in Ruhe zusammen. Dann fuhren wir langsam vor zum Riley Creek Camp. Unsere Elche von gestern waren noch in Straßennähe und grasten friedlich vor sich hin, aber diesmal auf der anderen Straßenseite. Dort hatte es mehr Gestrüpp und Gebüsch, so dass wir weiterfuhren. Am Riley Creek Camp holten wir uns die Duschschlüssel  und Handtücher und wuschen den Staub der letzten Tage von uns ab. Witzig war der Fön, den sie hier zur Verfügung stellten, denn man drehte einfach die Düse des Händetrockners nach oben und ließ sich mit der warmen Luft die Haare trocknen. In der Zwischenzeit rumpelte die Waschmaschine mit unseren Sachen herum und als ich aus der Dusche kam, hatte Chris die Wäsche schon im Trockner verstaut.
Ich holte uns erst einmal einen Kaffee und ein paar Kekse dazu. Während wir noch auf die Wäsche warteten, konnten wir ein paar Mails von unseren Freunden lesen und beantworten, so machte das Warten richtig Spaß.
Der Abschied fiel schwer, denn der Denali Nationalpark war uns sehr ans Herz gewachsen. Doch das Abenteuer rief und so fuhren wir los, zumal das Wetter ja eher trist war. Wieder ging es nach einer kurzen Tankpause über den Denali HWY, der uns ja schon so vertraut war. Es kam uns etwas wie ein Déjà-vu vor, denn wir hatten fast das gleiche Wetter wie am ersten Tag dort, nur dass kein Wind ging und wir diesmal aus der anderen Richtung kamen. Die Berge waren unter tiefhängenden Regenwolken versteckt, aber dafür kamen die Herbstfarben so richtig schön heraus. Am Joe Lake spiegelten sich wunderschön die Berge im glasklaren Wasser, so dass wir hier einige Zeit verweilten.  Hier trafen wir auch ‚unsere‘ Chinesen vom Savage River wieder, die uns sogar erkannten und genauso begeistert fotografierten wie wir. Auch diesmal waren wieder unzählige Jäger unterwegs. Die Außentemperaturen steigerten sich unter Tags auf 5°C was uns schon fast zu warm war, so rissen wir die Fenster auf und atmeten die frische kühle Luft tief ein.
Wir hielten uns nicht allzu lange auf unserem Lieblingshighway auf, denn diesmal war die Straße einfach die kürzeste Verbindung in Richtung Tok nach Kanada. So ließen wir den Denali HWY relativ schnell hinter uns.

Im Verlauf der Strecke kämpfte sich die Sonne immer wieder durch die Wolken, aber es war ein aussichtsloser Kampf, denn die Wolken waren viel zu dicht und hingen einfach zu tief. Bei Paxson fuhren wir in Richtung Delta Junction auf den Richardson HWY, vorbei am Summit Lake und der Glaciated Area der Alaska Range. Doch es war nicht viel zu sehen bei den tief hängenden Wolken.  Je näher wir Delta Junction kamen, desto flacher wurden die Berge bis sie schließlich ganz aus unserem Gesichtsfeld verschwanden. Auch der Herbst hatte sich hier streckenweise schon verabschiedet; viele der Birken waren ohne Laub. Vorbei an einer Militärbasis und einem Militärflughafen führte uns der Weg. Hier hatten wir letztens Düsenjäger bei der Landung beobachtet, aber leider durfte man hier nicht halten. Weit vor uns sahen wir mal wieder einen Silberstreifen am Horizont, doch der war leider unerreichbar für uns, da wir in Delta Junction den Richardson HWY verlassen würden. Im Supermarkt füllten wir unsere Vorräte auf und bogen auf den legendären Alaska Highway ab. Dieser Highway führt 2288 Kilometer von Delta Junction in Alaska nach Dawson Creek in British Columbia, Kanada. Tausende Kilometer Einsamkeit, endlose Wälder, Seen und Berge, die nur ab und zu mal von einem Ort unterbrochen werden, lagen vor uns. Zum Glück lockerten sich hier etwas die Wolken auf und so konnten wir ab und zu ein Stückchen blauen Himmel bewundern. Hier war auch wieder Herbst und so leuchteten die Blätter an den Bäumen in verschiedensten Gelbtönen. Kurz vor Tok lichtete sich der Wald und gab den Blick auf eine breite Flusslandschaft mit einer Bergkette dahinter frei. Ein wenig später kamen wir zu ein paar Seen, in denen sich wunderschön die Berge und das Ufer spiegelten.
Kurz darauf erreichten wir Tok und fuhren erst einmal ins Visitor Center, denn zwischenzeitig war uns siedend heiß eingefallen, dass die Grenze zwischen dem Taylor Hwy und dem „Top of the World Highway“ Mitte September und je nach Wetterlage schließt. Hoffentlich war es noch nicht zu spät! Das Visitor Center hatte im Gegensatz zu dem in Delta Junction geöffnet und eine sehr nette Dame gab uns die ersehnten Informationen. Sie beruhigte uns und meinte, dass die Grenze noch bis zum 21.09. geöffnet sei. Auf dem Taylor HWY müssten wir aber mit vielen Jägern rechnen, wild Campen sei dort nur schlecht möglich und außerdem läge Schnee und es könnte etwas winterlich auf dem Pass werden. Ansonsten sei das Wetter okay und sie rechneten nicht mit Niederschlag…. Okay, dann wollen wir mal und schon ging unsere Fahrt weiter, denn bis zum offiziellen Campground waren es noch gut 50 Meilen und es war schon früher Abend.
So bogen wir um 19.21 Uhr an der Tetlin Junction auf den Taylor HWY ab. Einsam führte uns die Straße hinauf in die Berge. Vereinzelt sahen wir Pickups mit Jägern darin, aber kein Vergleich zum Denali HWY. Je später es wurde, desto schöner wurde das Licht. Der Himmel war stark bewölkt, aber am Horizont kam noch einmal die Sonne durch und verfärbte die Wolken in die unterschiedlichsten Rottöne. Es war schon wieder bitterkalt und Raureif bildete sich an den Bäumen, Sträuchern und Gräsern. Mit der Dämmerung erreichten wir den West Fork Campground. Zuerst schauten wir uns die Hauptcampsite an. Doch dort war bis auf zwei kleine Sites alles von Jägern belagert. Woran wir das erkannten ist schnell erklärt, denn an jeder Campsite stand ein Elchgeweih, meist noch blutig. Ein Jäger meinte es besonders gut und präsentierte gleich den ganzen Elchkopf nebst Hals und Geweih. In der Dämmerung wirkte das schon leicht makaber und auch etwas gruselig. Überall standen Wagenburgen und es ging zu wie auf dem Rummelplatz. Das war uns dann doch etwas zu viel des Guten und so gingen wir auf die Ausweich-Campsite. Dort stand nur ein alter klappriger Camper und später kam noch ein anderer dazu. Hier fühlten wir uns wesentlich wohler und schlugen unser Lager auf. Gegrillt wurde trotz der Kälte noch, aber kurz darauf verschwanden wir schon fröstelnd in unserem Auto.

Übernachtung: West Fork Campsite, Taylor Highway, Alaska, 12 US$
Freitag, 14.09.2012
16. Tag
An diesem Morgen war alles schneeweiß vom Frost der vergangenen Nacht. Nebel hing tief und der Himmel leuchtete in schönen Rottönen. Wieder war es uns zu kalt zum Frühstücken und so machten wir uns ohne Kaffee auf den Weg.
Mit bzw. vor uns waren die Jäger unterwegs und so schlichen vor uns zig Autos im Pirsch-Modus die Straße entlang. Auf einem lag ein riesiges Elchgeweih. So langsam fragten wir uns, ob es wohl überhaupt noch Elche in Alaska gibt? J Die Jungs waren schnell überholt und weiter ging es die Berge hinauf.
Wir erreichten den klitzekleinen Ort Chicken, der aus einer Tankstelle, zwei Cafés, einem Souvenirladen, einer Post und ein paar Übernachtungsmöglichkeiten besteht. Einst sollte der Goldgräberort ‚Ptarmigan‘ = Schneehuhn heißen, aber da sich die Einwohner nicht einig wurden, wie man das Wort schreibt, wurde kurzerhand Chicken draus.
Der Ort lag unter einer dicken Nebelschicht und es graupelte leicht. Beim Chicken Creek Outpost hatte man Erbarmen mir uns und ließ uns etwas eher rein. Hier überraschte uns ein wirklich knuffiger Souvenirladen, der fast schon Museumscharakter hatte. Doch das Beste an dem Laden stand gleich vorne an der Theke und versprach einen 1A Muntermacher. Frisch gebackene Cranberrykekse lagen nur für uns bereit und so setzten wir uns erst einmal in das nette Café und tranken genüsslich Kaffee. Dank des verzückten Gesichtsausdrucks meinerseits zog Chris die Spendierhosen an und brachte mir noch einen oberleckeren Milchkaffee nebst Keks.
Die ganze Zeit war ich schon auf der Suche nach einem Bärenkrallen-Salatbesteck aus Holz und hier gab es welche, die auch noch den Namen Chicken trugen, da konnten wir einfach nicht mehr widerstehen und schon gingen auch noch ein paar Bärenkrallen in unseren Besitz über.  Nach diesem tollen Zwischenstopp erkundeten wir noch die alte Pedro Golddredge No. 4  von außen und natürlich das riesige Huhn, doch es war so frostig, dass wir schon bald wieder in unser Auto stiegen und weiter fuhren. Der Ort hatte uns super gut gefallen. Alles war irgendwie skurril und leicht schräg, aber uns gefiel es – wohl gerade deswegen.
Weiter ging die Fahrt vorbei an einer traumhaften Landschaft, die Berge hinauf, an dem einsamen Walker Fork BLM Campingplatz vorbei  bis hin zur Kreuzung Jack Wade Junction. Dort verließen wir den Taylor HWY, der weiter zu dem Ort Eagle führt und begaben uns auf den „Top of the World Highway“ in Richtung Grenze Alaska - Kanada. Hier oben schneite es wild und schon bald lag frischer Schnee auf der Straße, Flocken umtanzten unsere Scheibenwischer und die Temperaturen waren wieder deutlich unter 0°C.
Mitten auf dem Berg lag dann die Grenzstation vor uns. Hier sah es wirklich ungemütlich aus, aber trotz der frostigen Gegend trafen wir auf einen super netten Zöllner, der ein Schwätzchen mit uns hielt. Endlich konnten wir mal jemanden fragen, ob man Fleisch über die Grenze transportieren darf. Er bejahte – zum Eigengebrauch darf man geringen Mengen Fleisch hin und her transportieren. Problematisch sind Orangen und Zitronen, die muss man abgeben. Aber wir hatten weder Fleisch noch Obst dabei, da wir uns nicht sicher waren. So durften wir passieren und ich durfte sogar ein Bild von den Grenzgebäuden machen, nur Personen nicht, meinte unser netter Grenzer. Das Ganze dauerte keine 5 Minuten und schon waren wir auf kanadischem Grund und Boden. Natürlich hielten wir erst einmal am Yukon-Willkommensschild an. Hier stellten wir unsere Uhren eine Stunde vor. Chris strahlte als er sah, dass die Kilometer nicht mehr in Meilen angegeben wurden und jetzt gab es auch wieder Grad Celsius und nicht Fahrenheit und wir fühlten uns gleich etwas heimisch.
Die Hügel waren weiß vom Schnee, doch je tiefer wir ins Tal kamen, desto wärmer wurde es. Die Täler waren wieder bunt, nur der Himmel blieb weiterhin grau in grau. Tief unter uns hing Nebel oder auch Wolken an den Berghängen. Schade, dass das Wetter so trist war, denn der HWY war wirklich schön. Eigentlich hätten wir vorgehabt, hier eine Nacht zu verbringen, aber unter den Voraussetzungen verzichteten wir darauf und fuhren langsam dem Yukon River und damit Dawson City entgegen. Die Straße wand sich in Serpentinen den Berg hinab und schon bald konnten wir einen Blick auf Dawson City erhaschen.
Gerade als wir an das Ufer des Yukon kamen, legte die Fähre an und wir durften mit ein paar anderen Autos hinauf fahren.  Der Yukon lag friedlich plätschernd vor uns, doch das idyllische Bild täuschte, denn die Strömung ließ die Fähre schnell abtreiben und es gehörte schon einiges an Geschick dazu uns sicher ans andere Ufer zu bringen und das punktgenau an die Anlegestelle. Als das vollbracht war, verließen wir den schwimmenden Untersatz und begaben uns in die Stadt, die dank des Goldrausches am Klondike eine wilde Vergangenheit hatte und einen legendären Ruf genießt.
Es war als ob wir mit der Fähre eine Zeitreise gemacht hätten. Alte Häuser in bunten Farben begrüßten uns. Hier war die Geschichte lebendig und man erwartete fast, dass Pferdegespanne um die Ecke bogen, zwei Männer sich auf den staubigen Straßen duellieren wollten, Goldwäscher ihre ‚Beute‘ heimbrachten und laute Musik aus dem Saloon erklang. Der Charme der Western-Stadt war fühlbar und jede Ritze der alten Häuser erzählte eine Geschichte, man musste nur genau hinschauen und zuhören.
Wir besuchten die Touristen-Info, die gleich an der Hauptstraße liegt und uns mit tausenden Infos versorgte. Ein junger Mann bestärkte Chris mit der Wettervorhersage für die nächsten Tage, den Dempster HWY so schnell wie möglich zu besuchen. Sonne war angesagt, auch wenn uns das beim Anblick des bewölkten Himmels sehr unwirklich vorkam, beschlossen wir diese reizende Stadt so schnell wie möglich hinter uns zu lassen und uns in die Einsamkeit des Dempster HWY zu begeben.
Im Supermarkt besorgten wir uns die nötigen Lebensmittel für ein paar einsame Tage in Kanadas Wildnis und im Bottle Store die nötige Motivation in Form von Cider und kanadischem Bier.
Da sich auch unsere Mägen zu Wort meldeten und wir noch ein wenig diesen Ort genießen wollten, gingen wir in ein kleines Lokal und bestellten uns dort Burger. Die Bedienung schwärmte uns von Dawson City vor, wie toll es sei hier zu leben und dass jeder für den anderen da ist. Wir glaubten ihr jedes Wort.
Natürlich besuchten wir den Midnight Dome, ein 885 m hoher Berg, von dem aus man einen 360° Panorama Blick auf Dawson City und die Umgebung werfen kann. Besonders gefiel mir eine Bank, deren Lehne liebevoll eingestrickt war. Die Landschaft unter uns war herbstlich verfärbt und der Yukon schlängelte sich dahin mit unzähligen Inseln in seiner Mitte. Doch unser Auto scharrte mit den Hufen, oder war es Chris? ... und schon ging die Fahrt dem Dempster Highway entgegen.

Der Dempster Highway ist 738 km lang und folgt streckenweise dem alten Handelsweg der Kutchin-Indianer und der Hundeschlittenroute der Royal Canadian Mounted Police zwischen Dawson und Fort MacPherson bis nach Inuvik im Mackenzie-Delta am Rande des Eismeeres.
An der Klondike Lodge tanken wir noch einmal unser Auto auf und jetzt konnte es losgehen. Wir bogen vom Klondike HWY auf diese abgelegene Schotterpiste ab und fuhren durch gelbe Birkenwälder. Plötzlich spazierte vor uns ein Tier auf der Straße. Was war das denn? Ein Biber? Was will der denn so alleine mitten auf dem Weg? Doch beim Näherkommen erkannten wir, das es sich um ein Stachelschwein handelte. Träge lief es vor uns her, aber dann bekam es doch etwas Angst und huschte ins Gebüsch.
Links und rechts türmten sich die Berge auf, Flüsse schlängelten sich sanft durch die Landschaft. Unser Weg führte uns in die Ogilvie Mountains. Doch anders als erwartet wechselte der Herbst in den Winter über und es lag überall etwas Schnee.  Die Wolken hingen gerade in den Bergen extrem tief und die Sicht war nicht allzu weit. Trotzdem gefiel uns das, was wir sahen ausgesprochen gut. Hierher zu einer anderen Zeit, das wäre sicher ein Hochgenuss. Das Tal der Tombstone Mountains im Blütenrausch und im Hintergrund die Bergspitzen, welch eine wunderschöne Vorstellung. Doch es war eisig und grau. Dann fing es auch noch an zu schneien. Doch so schnell gaben wir uns nicht geschlagen und fuhren weiter, durch dichtes Schneetreiben. Am Two Moose Lake lief geschäftig ein Fuchs an uns vorbei. Schade, dass er überhaupt keine Zeit hatte. Wir fuhren bis zu Kilometer 168 und wendeten dort, da das Wetter einfach zu schlecht war. Die Wolken hingen in den Bergen bis fast auf den Boden und der Schnee bedeckte immer größere Teile der Landschaft. Die Temperaturen waren jetzt schon unter null Grad.
Auf dem Rückweg beobachteten wir am Two Moose Lake noch drei Bisamratten, die sich in dem kalten Wasser so richtig wohl fühlten. Immer wieder schwammen sie auf uns zu, tauchten ab, um dann etwas weiter entfernt wieder aufzutauchen und uns skeptisch zu beäugen.
Wir hielten noch am Tombstone Range Aussichtspunkt auf die Tombstone Mountains und verbrachten hier einige Zeit, doch es wurde immer dunkler und so fuhren wir auf die Tombstone Campsite. Hier war zwar wieder Herbst, aber es war nass und kalt.
Da das Feuerholz hier kostenlos zur Verfügung gestellt wurde, zerhackte Chris einige Scheite und wir füllten unsere Holzvorräte wieder etwas auf. Zu essen gab es nur noch eine Semmel.

Übernachtung: Tombstone Mountain Campground, Dempster Highway, Kanada
Samstag, 15.09.2012
17. Tag

In der Nacht hatte es „nur“ auf -1°C abgekühlt. So weit war es mit uns schon gekommen, dass wir -1°C als relativ warm empfanden…
Es hatte aufgeklart und die Wolkendecke war durch relativ lockere Schneewolken abgelöst worden. Schneegeruch lag in der Luft. Wir packten zusammen und fuhren zum Tombstone Aussichtspunkt. Die Straße war mit einer leichten Schneeschicht überzogen. Nebel lag im Tal und schlängelte sich an den Bergen entlang. Der Himmel verfärbte sich zart rosa  und die Wolken fingen an zu leuchten. Die Luft war frisch und unser Atem dampfte im leichten Wind.
Begeistert standen wir am Aussichtspunkt und bewunderten die Farben. Schnell waren die Stative aufgebaut um ja keine Verfärbung der Wolken zu verpassen. Nebenbei gab unser Gaskocher sein Bestes und schon bald hielten wir einen dampfenden Becher Kaffee in unseren klammen Händen.
Leider kamen von Osten schon wieder die nächsten Schneewolken angezogen, doch die Sonne kämpfte sich immer wieder durch ein paar Wolkenlücken.
Eigentlich hatten wir vorgehabt, an diesem Morgen zeitig in Richtung  Whitehorse aufzubrechen, aber der seltene Anblick der Sonne ließ uns noch etwas weiter den Dempster Highway Richtung Norden entlang fahren. Wir folgten ihm durch die wunderschöne Winterlandschaft bis zum Two Moose Lake, wo wir wendeten und noch einmal die sonnige Landschaft genossen. Das schöne Wetter zog leider weiter den Highway hinauf und wir fuhren wieder in dichte Wolken, doch der Winter wurde weiter südlich wieder zum Herbst und es leuchtete wieder einmal ein Silberstreifen am Horizont, der schöneres Wetter versprach.
Unser Auto zierte schon seit gestern der Dempster Look und Chris hatte es frisch beschriftet. 
Zurück an der Klondike River Lodge tankten wir auf und Chris wusch unser Auto, wozu er todesmutig durch fast knietiefen Schlamm watete, um an den Schlauch zu kommen.

Auf dem Klondike Highway fuhren wir durch schier endlose Laubwälder, die Sonne schien durch eine lockere Bewölkung, schöne Musik erklang in unserem Auto und so näherten wir uns langsam unserem Tagesziel. Wir erreichten Steward und fuhren bei Steward Crossing über den gleichnamigen Fluss, weiter nach Pelly Crossing, wo wir wieder über eine tolle Brücke den Fluss überquerten.
Weiter ging die Fahrt zu den „Five Finger Rapids“. Dort legten wir eine kleine Pause ein.
Die „Five Finger Rapids“ sind vier Basalt Felssäulen die den Yukon River in fünf Stromschnellen teilen. Diese Felsformationen erlangten traurige Berühmtheit, als Ende des 19. Jahrhunderts viele Goldsucher, die den Fluss als Transportweg benutzten, in den Stromschnellen ihr gesamtes Hab und Gut verloren.  Raddampfer zogen sich an Winden mit Stahlseilen durch die gefährlichen Stromschnellen. Heutzutage wurde ein „Finger“ gesprengt, so dass Schiffe diese Passage gefahrlos passieren können.
Mittlerweile waren die Temperaturen auf warme 14°C gestiegen und die Sonne schien pausenlos. Die warmen Jacken waren Shirts gewichen und wir fühlten uns so richtig gut.
Den Yukon überquerten wir ebenfalls über eine riesige Brücke und folgten weiter der Herbstlandschaft. Vor uns lag eine wunderbare Seenlandschaft mit zahlreichen Inseln darin.
Leider trübte es langsam wieder ein. Eigentlich hatten wir an einem der Seen übernachten wollen, aber es wehte starker Wind und die dichten Wolken gaben Chris recht, der einen gemütlichen Abend in den Takhini Hot Springs bevorzugte. So fuhren wir dorthin und bezogen den Campingplatz vor Ort.
Der Campwart, ein Deutscher, gab uns einen schönen Stellplatz und schon wanderten wir zum Eingang der heißen Quellen.
Durch die Umkleidekabinen gelangten wir an ein gemauertes Becken in dem angenehm temperiertes Wasser war, durch ein kleines Tor im Pool konnten wir noch in ein heißes Becken gehen. Das war echt klasse, aber lange hielten wir es dort nicht aus. An diesem Tag hätten wir uns richtig kalte Temperaturen gewünscht, denn das Wasser war für knapp 15°C fast zu warm. Trotzdem war es toll und wir blieben gut 2 Stunden, bis wir schon fast Schwimmhäute an den Händen und Füßen hatten.
Zurück auf der Campsite verbrachten wir einen angenehmen Abend ohne zu frieren, grillten natürlich wieder unsere „Standardsteaks“ und begossen sie mit reichlich Cider und Bier.

Übernachtung: Takhini Hot Springs Campground, Nähe Whitehorse, Kanada
Sonntag, 16.09.2012
18. Tag

Nach einem schnellen Frühstück brachen wir nach Whitehorse auf, der Hauptstadt des Yukon Territoriums. Was für ein schöner Name für eine Stadt. Er stammt aus der Zeit vor dem Bau des Wasserkraftwerks, als der Yukon noch ungezähmt über die Stromschnellen dahinrauschte und seine Wellenkämme wie die Mähnen weißer Pferde aussahen. Heutzutage ist davon nichts mehr zu sehen, denn die gefährlichen Stromschnellen sind im Swatka Lake verschwunden.
In Whitehorse suchten wir nach einem frei zugänglichen Internet, denn wir wollten unsere Fähre von Skagway nach Haines für den nächsten Tag buchen. So landeten wir bei Tim Hortons, wo ich einen vielgelobten Kaffee erstand, der leider so überhaupt nicht nach meinem Geschmack war. Irgendwie schmeckte er nach Maggi und war auch noch leicht süß. Aber was tut Frau nicht alles, wenn Mann Internet braucht und das gab es hier kostenlos. Wenigstens war der Blaubeermuffin lecker und versöhnte mich etwas mit dem scheußlichen Kaffee. Trotzdem ging mein Blick immer wieder sehnsüchtig zum Starbucks hinüber, während ich den Tim Hortons Becher in der Hand hielt.
Leider war meine Aufopferung auch noch umsonst, denn Chris konnte die Fähre nicht buchen, da man 5 Tage vorher die Fährpassage nur telefonisch vorbuchen kann. Tja, und am Sonntag war natürlich niemand telefonisch zu erreichen. So mussten wir mal wieder auf unser Glück hoffen, aber die Saison war vorbei und es sollte eigentlich kein Problem sein, die Fähre zu bekommen.
An diesem Morgen stand eine besonders schöne Strecke auf unserem Programm, denn wir wollten nach Skagway in Alaska fahren. Auf unserem Weg lagen einige landschaftliche Höhepunkte, doch zuerst schauten wir uns die SS Klondike II an, den größten Schaufelraddampfer, der jemals auf dem Yukon verkehrte. Er pendelte von 1937 - 1955 zwischen Whitehorse und Dawson City als Gütertransporter und ab später als Kreuzfahrtschiff. Die Strecke  bewältigte er in 36 Stunden, dafür brauchte er für den Rückweg gegen die Strömung dreimal so lange. Da die eisfreie Saison nur 4-5 Monate im Jahr umfasste, wurde nach dem Bau einer ganzjährig befahrbaren Straße zwischen Mayo und Whitehorse das Ende der Dampfschiffära und somit auch der SS Klondike II eingeleitet. Dieses eindrucksvolle Schiff kann man noch immer besichtigen, doch leider nicht mehr Mitte September, denn jetzt war es schon 'closed for the season'. Stattdessen begnügten wir uns mit einer Besichtigung von außen. Die Sonne warf einen kurzen Blick aus den Wolken und für einen Moment herrschte Zauberlicht. Doch leider zog sie sich viel zu schnell wieder zurück.
So verließen wir langsam die Stadt und fuhren bis zum Swatka Lake, auf dem viele Wasserflugzeuge wie Boote vor Anker lagen. Wir gingen ein paar Schritte und bestaunten die tollen kleinen Flieger, die in den unterschiedlichsten Farben leuchteten. Ein paar Passagiere kletterten gerade in ein Flugzeug, Wasser spritzte auf und schon war der kleine Flieger sicher in der Luft. Leicht sehnsüchtig schauten wir ihm hinterher.
Weiter ging es auf der Chadburn Lake Road bis zum Miles Canyon, wo der Yukon den schmalen ca. zwei Kilometer langen Canyon durchbricht. Hier kann man sehr schön an der Kante des Canyons entlang gehen und über die eindrucksvolle Hängebrücke ‚Robert Lowe Bridge‘ spazieren. Die Aussicht von der Brücke auf den schnell dahinfließenden Yukon ist beeindruckend und das weite Wegesystem lädt zum Wandern ein. Leider wehte fast schon ein stürmischer Wind und so wurde unser geplanter Spaziergang kürzer als gedacht. Schüsse durchpeitschten die friedliche Stille – hier waren wohl wieder Jäger unterwegs, die noch einen Elch für den Winterspeiseplan schießen mussten. Auch die Sonne hatte sich völlig zurückgezogen und so setzten wir unsere Reise auf dem Alaska Highway fort. Wir folgten ihm aber nur ein kurzes Stück, denn um nach Skagway zu kommen mussten wir auf den Klondike Highway abbiegen.

Kurze Zeit später kamen wir am wunderschönen türkisen Emerald Lake an. Doch das Wetter meinte es nach wie vor nicht allzu gut mit uns und so war von der fast schon giftig grünblauen Farbe, die der See bei Sonnenschein haben soll nur ein wenig zu erahnen. Wir kletterten trotzdem eine kleine Böschung hinauf, um eine bessere Sicht auf den See zu bekommen. Kleine weiße Schaumkämme peitschte der Wind über den See, beeindruckend schön war er trotzdem.
An der Carcross Desert, der kleinsten Wüste der Welt, machten wir natürlich auch einen längeren Stopp. Auch wenn es sich eigentlich ‚nur‘ um einen ausgetrockneten Gletschersee handelt, der per geschickter Touristenwerbung zu einer Wüste erklärt wurde, fanden wir es toll hier. In diesem Meer aus Sand wachsen nur ein paar Kiefern, Fichten und ein immergrünes Kriechgewächs, das Kinnikinnick. Der Sand ist fein und wir kamen uns wirklich wie in einer Wüste vor, auch ohne die typischen zwei Klimazonen, die eine Wüste ausmachen. Leider ist hier das Fahren im Sand erlaubt und so verzierten unzählige Quad Bike- und Motorradspuren den Sand. Ein motivierter Motorradfahrer preschte lautstark an uns vorbei. Er drehte Runde um Runde und machte ein paar eindrucksvolle Stunts auf dem Hinterrad. Es war toll zum Anschauen, aber auch sehr laut. Hinzu kam der heftige Wind, der uns den Sand nur so um die Ohren peitschte. Wenigstens vertrieb er etwas die Wolken und so kam sogar ein wenig die Sonne heraus.

In dem kleinen Ort Carcross (Caribou Crossing) besichtigten wir den ausgebrannten Schaufelraddampfer SS Tutshi, der bis 1955 als Passagierdampfer auf den südlichen Seen des Yukon eingesetzt war und schlenderten etwas durch den netten kleinen Ort. Dann ging es weiter der Grenze entgegen, denn um nach Skagway in Alaska zu kommen mussten wir mal wieder eine Grenze überqueren.
Doch vorerst führte uns unser Weg am Windy Arm entlang. An der schönen Bove Island Aussichtsplattform genossen wir den Ausblick auf den Windy Arm, der hier in den Tutshi Lake mündet. Die Lime Mountains bilden den Hintergrund und Bove Island lag farbenfroh vor uns im Wasser. Hier verweilten wir ein wenig und staunten wieder einmal über die wunderbaren Farben der Natur.

Kurz danach sahen wir eindrucksvoll am steilen Uferhang die verfallenen Gebäude der Venus Mine, die sich bis zum Wasser herunter erstreckte. Eigentlich war hier das Halten wegen Steinschlaggefahr verboten, aber ganz kurz mussten wir dennoch das Verbot ignorieren, denn diese tolle Mine mussten wir unbedingt fotografieren.  Die Landschaft war einfach atemberaubend. Schroffe schneebedeckte Berge, zahlreiche Wasserfälle, türkise Seen verzauberten uns. Wenn die Sonne schnell aus einer Wolkenlücke schaute wurde es um uns herum noch schöner.
Besonders beeindruckte uns eine felsige Strecke entlang der Straße, wo Touristen tausende von Steinmännchen aufgebaut hatten. Hier gab es dicke und dünne Männchen, Arches, Pyramiden und andere liebevoll errichtete Felsgestallten. Fasziniert schlenderten wir durch die Gebilde und bauten hier und da ein umgestürztes Männchen wieder auf.
Dann kamen wir an die kanadische Grenze, wo wir einfach durchfahren konnten. Durch beeindruckende Gebirgslandschaft ging es weiter den White Pass hinauf. Unzählige Wasserfälle ergossen sich ins Tal. Wilde, ungezähmte Natur soweit das Auge reichte. Immer wieder hielten wir an und staunten. Leider zog es hier in den Bergen immer weiter zu, aber das war vielleicht auch gut so, denn sonst wären wir nie weiter gekommen. So fuhren wir auf dem 1000 Meter hohen White Pass durch alpine Tundralandschaft und genossen die traumhafte Bergkulisse. Unter uns lagen Hochtäler in denen Seen schimmerten. Auf der anderen Bergseite konnten wir die Schienen der White Pass & Yukon Route Railroad, einer Schmalspureisenbahn entdecken, die einst Goldgräber transportierte und sich jetzt auf Touristen spezialisiert hat. Dann führte uns die Straße steil hinab ins Tal bis zur amerikanischen Grenzstation. Hier kam man sich wieder etwas vor, als ob man in einen Hochsicherheitstrakt möchte, denn von vier Seiten wurde der Fahrer abgelichtet, doch dann kamen wir nicht so recht weiter und schon kam ein etwas mürrischer und nicht gerade freundlicher Grenzer heraus und kontrollierte unsere Pässe. Zum Glück gab es nichts zu beanstanden und schon ging die Fahrt weiter in die ehemalige Goldgräberstadt Skagway, die 1897 die größte Stadt Alaskas war. An der Broadway Street finden sich noch immer viele Original-Häuser. Der alte Ortskern wurde unter Denkmalschutz gestellt und ist heute als Klondike Goldrush National Park bekannt.

Doch bevor wir uns in der Stadt umsahen, durchfuhren wir sie relativ zügig, denn wir wollten noch zum Fährterminal schauen und versuchen, Tickets für den morgigen Tag zu bekommen. Skagway ist nämlich der Endpunkt der Alaska Inside Passage und eine kurze Fährfahrt über das Talya Inlet würde uns auf dem schnellsten Weg nach Haines bringen. 
Fast schon erstaunt stellten wir fest, dass das Terminal offen war. Wir stürmten in die Halle und gingen sofort zum Schalter. Auf unsere Frage wie lange denn dort geöffnet sei, erwiderte der Beamte lächelnd: bis jetzt – also 15.30 Uhr. Jetzt in der Nebensaison hatten wir kein Problem ein Fährticket für uns und unser Auto zu bekommen. Schnell war es ausgestellt und der Beamte konnte Feierabend machen. Wir waren glücklich und zufrieden über diese Punktlandung, sonst hätten wir morgen in der Früh noch einen Versuch gehabt.
Jetzt hatten wir Ruhe und Zeit. Zuerst fuhren wir zu einem kleinen Aussichtspunkt auf die Stadt und sahen dort auf den Ort und das große Kreuzfahrtschiff im Hafen hinab. Danach fuhren wir wieder in die Innenstadt. Auf dem Weg dorthin fiel uns besonders ein Haus auf an dessen Einfahrt mit einem großen Holzschild davor gewarnt wurde, näher zu kommen. Bei Missachtung wird geschossen! Fasziniert betrachteten wir das Schild und ich machte noch schnell ein Bild, denn so was hatten wir bis dato noch nicht gesehen.
Die Goldgräberstadt hatte ihren eigenen Charme. Die Hausfassaden sahen aus wie aus einer Filmkulisse. In einer Bar war eine typische Szene zu Zeiten des Goldrushs dargestellt, so dass man im ersten Moment die Wachsfiguren für echt hielt. Eine altertümliche Dampflok kam gerade über den White Pass in die Stadt gefahren und spuckte weitere Touristen aus. Der eigene Gang wurde leichter und schon bald schlenderten wir wie in alten Zeiten durch die Gassen. Einzig die modern gekleideten Kreuzfahrtpassagiere, die vor allem die Juwelierläden stürmten und die Autos erinnerten daran in welcher Zeit wir waren. Skagway gefiel uns gut, aber noch besser hatte es uns in Dawson City gefallen. Hier war der Kommerz zu offensichtlich. Besonders begeisterte vor allem Chris ein Oldtimer, ein Ford Fairlane. Auch ein typischer Saloon lud zum Verweilen ein, aber wir hatten uns schon für ein Fischrestaurant am Hafen entschieden und begnügten uns mit einem Blick ins Innere der gut gefüllten Bar.
Als Übernachtungsort entschieden wir uns für den Pullencreek Campingplatz nahe dem Fährterminal. Die 20 US$ ohne Duschen fanden wir schon etwas happig, aber die Stellplätze waren grün mit ein paar Bäumchen und sahen eigentlich ganz nett aus. Der Campwart war aus Hawaii und erklärte uns, dass er morgen schließe und für den Winter zurück nach Hawaii gehe. Er war ganz begeistert von unserer GoPro, die er selbst in seiner Heimat verkauft und so quatschten wir eine Weile.
Das Essen am Abend war absolut klasse. Als Vorspeise teilten wir uns Prawns im Kokosmantel mit einer süßscharfen Soße. Chris gönnte sich als Hauptgericht King Krabben, die er mit Krabbenzange serviert bekam. Für mich gab es Heilbutt in einer Camembert Soße. Was für ein Genuss.
Satt und zufrieden fuhren wir zurück zum Campingplatz, wo wir eine stürmische, regnerische Nacht verbrachten.

Fähre: 111 US$ für ein Auto und zwei Personen; 2 Stunden vorab sollte man am Terminal sein; die Spur für die Einfahrt auf die Fähre steht auf dem Ticket.

Übernachtung :  Pullencreek Campground, Skagway: 20 US$

Montag, 17.09.2012
19. Tag

Sehr früh standen wir an diesem Morgen auf, denn wir sollten schon um 6 Uhr am Terminal sein. Verschlafen suchten wir unsere Spur und konnten bis ganz vorne fahren. Auch in den anderen Spuren standen schon einige Autos. Langsam setzte die blaue Stunde ein und man konnte etwas erkennen. Wir frühstückten im Auto und kochten einen Kaffee windgeschützt am Autoreifen. Es regnet zwar nicht mehr, aber die Wolken hingen tief an diesem Morgen und ein heftiger Wind peitschte uns um die Ohren.
Endlich ging es los und wir durften losfahren. Es war schon gigantisch wie unser Auto in dem riesigen Schiffsbauch der MV Malaspina verschwand. Wir durften einmal durch den Bauch fahren und standen fast wieder am Ausgangsbereich. Unser Gas mussten wir abgeben, es wurde in einem Extraraum in dem lauter Farben standen (Paint Locker) explosionssicher aufbewahrt.
Wir gingen in den 1. Stock und suchten uns schöne Plätze auf dem Aussichtsdeck. Mittlerweile war es hell, aber grau in grau und sehr ungemütlich. Während ich auf meinem schönen Platz saß, Tagebuch schrieb und die Fahrt genoss, sprang Chris auf dem Deck herum und fotografierte. Der Wind hatte schon Sturmausmaße angenommen und Chris lief in Schräglage mit wehenden Haaren wie in einem Stummfilm vor dem Panoramafenster vorbei. Das sah vielleicht lustig aus. Nicht nur ich musste lachen, wenn er sich mit ganzer Körperkraft gegen den Wind lehnte. Er hatte ganz schön Mühe wieder in das Schiff zu kommen, denn er bekam die Tür fast nicht auf.
Als wir uns Haines näherten wurde es etwas heller. Das Wasser war tiefgrün und weiße Schaumkronen kräuselten sich auf der Oberfläche der Wellen. Der Lynn Canal schaute sehr beeindruckend aus mit seinen hohen Bergen und dem aufgewühlten Meer. Doch noch schöner ist er sicherlich bei sonnigem Wetter.
Nach einem heftigen Schauer erreichten wir Haines und fuhren erst einmal in den Ort. In der Touristeninfo wollten wir uns nach einem Campingplatz erkundigen und nachfragen wo wir Bären beobachten könnten. Wir kannten zwar die Begriffe wie Chilkoot River und Nationalpark sowie Chilkat Nationalpark, aber für etwas Hilfe bei der Orientierung wären wir schon dankbar gewesen. Leider war die Dame im Visitor Center nicht sonderlich hilfsbereit, aber sie zeigte uns wenigstens den Chilkoot River und sagte uns die Richtung wo er liegt. Als wir sie nach dem Wetter fragten, meinte Sie nur, dass es die nächsten 3 Tage regnen soll. Nun ja, den Weg hätten wir uns sparen können, aber das wussten wir ja vorher nicht. Im Ort suchten wir nach einem Kaffee oder ähnlichem. Nachdem wir eine Frau mit einem Kaffeebecher gefragt hatten, empfahl sie uns den Mountain Market, wo es den besten Kaffee und auch die besten Backwaren von Haines geben sollte.
Schon der Laden war klasse und die Menge an Einheimischen, die hier einkauften, bestätigte die Empfehlung der Frau. Wir holten uns einen frisch gerösteten Kaffee  und kauften frischen und geräucherten Lachs ein.
Dann machten wir uns auf den Weg zum Chilkoot River, wo wir gleich einen jungen Bären beim Lachsfang beobachten konnten. Hier lernten wir Steffen und Kerstin aus Leipzig kennen und quatschten etwas über Alaska und andere Länder der Welt. Die beiden wollten an diesem Tag aufbrechen, denn ihr Urlaub neigte sich dem Ende entgegen, während wir noch ein paar Tage vor uns hatten. Tausende Möwen flogen laut kreischend über den Fluss, fraßen tote oder sterbende Lachse. Vor allem junge Adler konnten wir sehen, aber der Bär war eindeutig das Highlight. Immer wieder sprang er in den Fluss und versuchte einen Fisch zu fangen. Alte und tote Lachse lagen zuhauf herum, aber die interessierten ihn nur am Rande. Er wollte einen frischen Lachs haben und sprang beherzt in den Fluten herum. Endlich hatte er einen akzeptablen Fisch erhascht und zog sich damit ans Ufer zurück, wo er ihn genüsslich verspeiste. Das erinnerte uns daran, dass wir auch noch leere Mägen hatten und so begaben wir uns auf den Campingplatz. Hier war auf Grund des hohen Bärenaufkommens der Campingplatz für Zelte gesperrt, aber wir wollten ja im Auto schlafen und so suchten wir uns einen schönen Stellplatz mit etwas Aussicht durch die vielen Bäume auf den Chilkoot Lake. Wir kochten uns Eier mit Speck. Es duftete unheimlich lecker und wir schauten uns vorsichtig nach Bären um. Doch zum Glück ließ sich keiner blicken und wir konnten unser Essen alleine und ungestört verputzen.

Nach dem Essen lockerten sich die Wolken etwas auf und wir fuhren noch einmal in Richtung Haines am Lynn Canal entlang.  Haines lag vor uns im schönsten Sonnenschein. An einer kleinen Bucht mit Blick auf Haines machten wir eine kurze Pause und wurden von einer netten Frau angesprochen, die hier auch Bilder machte. Sie war aus Haines und gab uns ein paar Tipps für die nähere Umgebung. Sie schwärmte vom hängenden Gletscher im Chilkat Nationalpark. So machten wir uns auf den Weg in den Park. Wunderschön lagen die vergletscherten Berge vor uns und die Sonne blieb uns treu. Zuerst ging es wieder an der anderen Seite des Lynn Canals entlang, dann fuhren wir auf die Schotterpiste, die zum Park führte. Das war vielleicht eine schlechte Piste mit vielen tiefen Schlaglöchern, die wir im Zickzackkurs umfahren mussten. Im Park besichtigten wir kurz den Campingplatz, der uns sehr gut gefiel. Dann schauten wir uns das schöne Rangerhaus an, von dem man eine tolle Aussicht auf die vergletscherten Berge hat und fuhren weiter bis zum Bootsanleger, der auf einer kleinen Landzunge war und noch einmal eine tolle Aussicht bot.
Abends hielten wir uns natürlich am Chilkoot River auf. Hier lernten wir noch zwei Deutsche kennen – Ralf und Sandra, mit denen wir die nächsten zwei Tage am Fluss verbrachten.
Auch ein VW-Bus mit zwei Fotografen aus Kanada erregte unsere Aufmerksamkeit, denn im großen Frontfenster lag eine bildschöne Katze, die sie uns später als Kater Nico vorstellten. Nico reist immer mit ihnen mit, denn er liebt das Reisen und ist froh und glücklich, dabei sein zu dürfen. Es war echt unglaublich. Natürlich bekam er immer eine Extraportion Streicheleinheiten von uns, wenn wir ihn trafen. Die Zwei waren die absoluten Bärenfreaks und gaben uns ein paar wertvolle Tipps zur Bärenbeobachtung in Kanada und Alaska.
Die Strecke am Fluss ist nur ca. 2 km lang, aber auf diesen Kilometern spielte sich das gesamte Leben der Bären, Möwen, Adler und Lachse ab. Hier gab es immer etwas zu sehen und besonders bei Ebbe wenn der Wasserstand relativ niedrig war. An diesem Abend sahen wir einige Bären, zum Teil gingen sie vor uns an der Straße entlang, zum Teil fischten sie im Fluss. Sie wirkten so friedlich und unbeteiligt, so dass man sich nicht wirklich vorstellen konnte, dass dieses Raubtier durchaus imstande ist, einen Menschen anzugreifen und zu töten.  Wir fuhren mit unserem Auto die Straße entlang und stiegen immer wieder aus und machten Bilder. Ralf und Sandra gingen gleich spazieren, da ihr Camper auf dieser relativ engen Straße nur schwer zu navigieren war. Wir gaben ihnen sicherheitshalber unser Bärenspray, das sie uns später auf der Campsite zurückgaben.

Übernachtung: Chilkoot Lake Campsite, Haines, Alaska

Dienstag, 18.09.2012
20. Tag

Schon in der Dämmerung brachen wir an diesem Morgen auf, denn wir wollten nichts von dem Leben am Fluss verpassen. Wir hatten Glück und konnten eine Zeitlang eine Bärenmutter mit ihren drei halbstarken Jungen beobachten. Leider waren sie am anderen Flussufer und meistens im Gestrüpp, aber es war trotzdem ein wunderbares Erlebnis dieser kleinen Familie etwas zu folgen. Später verschwanden sie in den Wäldern. Kurz danach sahen wir einen sehr hübschen Bären, dessen Fell in den verschiedensten Brauntönen gemustert war. Er lag faul am anderen Ufer herum und schlief. Ab und zu wälzte er sich mal hin und her, schaute etwas in der Umgebung herum, um dann gleich darauf wieder zu schlafen.
Nach diesem tollen bärigen Morgen fuhren wir zum Mountain Market und gönnten uns dort ein leckeres Frühstück, wo wir auch Sandra und Ralf trafen. Danach fuhren wir zum Chilkat State Park, in der Hoffnung auf weniger Gegenlicht an den Gletschern. Auf dem Weg dorthin wehte starker Wind und die Wellen waren wieder einmal von weißer Gischt gekrönt. Leider war das Wetter an diesem Tag viel schlechter als gestern, aber es regnete wenigstens nicht.  Wir entdeckten an einem Strandabschnitt Kitesurfer, die geschickt mit ihren Bords über die Wellen flogen. Die Fallschirme wehten dabei klasse im Wind. Einer der zwei Surfer hatte es sehr gut raus, aber der andere flog bei jeder Wendung vom Bord und musste sich wieder aus dem Wasser hieven.  Es sah zwar ganz einfach aus, aber das ist es mit Sicherheit nicht und die Zwei leisteten ganz schön was. Wir beobachteten sie eine geraume Zeit, bis wir weiter fuhren.
Durch die tief hängenden Wolken waren leider die Gletscher wieder nicht vor dem blauen Himmel zu sehen und so fuhren wir wieder über die extrem schlechte Straße zu unserer Campsite zurück, wo wir noch etwas Zeit verbrachten.

Zu unserer Nachmittagsrunde brachen wir schon relativ früh auf, denn wir fuhren mit der einsetzenden Ebbe los. Diesmal herrschte auf der Straße besonders viel Trubel, denn diverse Reisebusse karrten Kreuzfahrttouristen die enge Straße am Chilkoot River entlang.
Wir beobachteten einen kräftigen Braunbären, der sich immer weiter in Richtung Campsite bewegte. Er ging auf der Straße entlang hinter zwei Spaziergängern. Die Zwei merkten vorerst nichts und wir wollten sie gerade auf den Bären hinter ihnen aufmerksam machen, als sie sich umdrehten. Sie reagierten wirklich sehr gelassen, denn sie gingen langsam weiter, nebenbei drehte sich die Frau auch noch um und machte ein Bild von dem Bären. Nach einer Weile verließ der Bär die Straße und setzte seinen Weg durch den Wald fort. Wir behielten ihn im Auge und folgten ihm weiter.
Kurz vor der Campsite weitet sich das Flussbett zum Chilkoot Lake, wo neben Bären auch Angler ihr Glück beim Lachsfang versuchen. Wir sagten gerade den Anglern Bescheid, als der Bär auch schon aus dem Wald kam und zielstrebig zum Fluss lief. Eine Anglerin wurde leicht panisch, aber wir gaben ihr Schutz mit unserem Auto, das leider zu voll war, um jemanden hereinzulassen. Das war aber auch nicht nötig, denn der Bär achtete weder auf Angler noch Autos oder Menschen – er wollte zum Wasser und selbst angeln. So bahnte er sich einen Weg hinab zum Wasser und begab sich sofort auf Fischfang. Immer wieder sprang er in die Fluten und die Fische von ihm weg. Er kam immer weiter zum See vor. Hier versammelten sich mittlerweile zwei Busladungen voller Menschen, die aus den unmöglichsten Positionen versuchten, von sich und dem Bären ein Bild zu machen. Es war schon sehr amüsant. Als Chris wieder zu mir ins Auto stieg, fragte er, was hier so stinkt. „Ich rieche nichts“, antwortete ich, doch dann kam auf einmal eine Wolke voller Duft nach unsichtbarem Bären zu mir hinüber. Beide begutachteten wir unsere Schuhe und Chris hatte diesmal den Jackpot gewonnen, denn eine Ladung Bärendreck hatte sich unter seiner Sohle verteilt. Jetzt hatte er den Spaß und durfte seine Schuhe reinigen, während ich dumme Sprüche wie ‚viel Glück heute oder morgen‘ von mir gab. Wie sehr wir dieses Glück noch strapazierten, stellte sich später noch heraus.
Nach dem schönen Erlebnis mit dem schwimmenden, tauchenden, springenden Bären dämmerte es langsam und wir zogen uns sehr zufrieden auf unsere Campsite zurück.  Heute sollte es den frischen Lachs geben, denn hier am See in freier Natur schmeckte er einfach am allerbesten.
Gesagt getan, der Fisch war schnell gewürzt, dazu machten wir Tomaten Mozzarella und frisch überbackene Käsebrote. Bald brutzelte der Fisch auf dem Feuer und es roch verführerisch. Uns tropfte schon der Zahn, denn so ein Tag an der frischen Luft macht ganz schön hungrig. Wir saßen uns gegenüber, damit jeder dem anderen den Rücken frei halten konnte, falls doch mal ein Bär näher kommen sollte. Aber bisher war nichts passiert, warum dann an diesem Abend? So ließen wir den Tag Revue passieren und quatschen und lachten über unsere Erlebnisse. Als es Zeit war, den Fisch zu wenden stand Chris auf und drehte sich dabei um, mit seiner Stirnlampe leuchtete er in den Wald hinein und blieb auf einmal wie erstarrt stehen. Zwei große Glitzeraugen starrten uns wie in einem billigen Horrorfilm aus ca. 6-8 Meter Entfernung an. Die Silhouette eines riesigen Bären hob sich deutlich vor dem See im Hintergrund ab. Wir zuckten vielleicht zusammen. Da hatte sich doch tatsächlich still und heimlich ein Bär die Böschung hinauf angeschlichen. Wer weiß wie lange der schon dort saß und uns beobachtete. Ich hatte ihn von meiner Sitzposition aus nicht sehen können, denn er war genau hinter Chris. Jedenfalls reagierte Chris sofort und sprang zu meinem Entsetzen beherzt auf den Bären zu, blieb dann aber nach ein paar Schritten stehen und klopfte mit einem dicken Stock laut an einen der zahlreichen Bäume. Entsetzt schaute ich ihm hinterher und dachte: ‚das ist doch kein Löwe!!!  Doch es funktionierte, der Bär sprang auf und lief zumindest ein paar Schritte weg. Dann drehte er sich erstaunt um und starrte Chris an, der weiter Krach machte. Jetzt war es dem Bären dann doch zu viel und er zog sich ganz zurück.
Nicht ganz so entspannt und unbedarft wie vorher saßen wir am Tisch und verspeisten ziemlich schnell unseren Fisch, der trotz allem äußerst wohlschmeckend war. Oft leuchteten wir mit den Stirnlampen die Umgebung ab, aber der Unruhestifter ließ sich nicht mehr blicken.
Gleich nach dem Essen schickte ich Chris mit dem Bärenspray und dem Knüppel bewaffnet zu den Mülltonnen, um die Essensreste zu entsorgen. Währenddessen wusch ich ab und leuchtete weiter die Umgebung ab. Als Chris gerade weg war und ich mit nassen Händen über der Schüssel hing, erfasste meine Stirnlampe ebenfalls zwei Glitzeraugen. Unser Bär kam zurück. Jetzt wurde mir etwas unheimlich, alleine auf der Campsite. Das Auto war fast so weit weg wie der Bär. Aber da er genau auf mich zukam, konnte ich rechtzeitig den Rückzug antreten. Doch zuerst klapperte ich mit unserem Geschirr, aber das wohl nur halbherzig, denn den Bären interessierte es nicht wirklich. Gerade als ich zum Auto hechten wollte, bog der Bär nach links ab und Chris kam ebenfalls wieder.
Zusammen schauten wir vorsichtig nach dem Bären. Der saß wieder in der Nähe seiner alten Position, doch etwas weiter den Abhang hinab und tat so, als ob ihn alles nichts anginge und er sehr müde sei. Immer wieder machte er die Augen zu, was für uns noch schlimmer war, da wir ihn nun nicht mehr sehen konnten. Doch er war viel zu neugierig und schaute immer wieder zu uns. Doch irgendwann reichte es ihm und er zog von dannen. Wir nutzten die Gelegenheit, packten alles zusammen und zogen uns in unser Auto zurück. Hier fühlten wir uns gleich sicherer und genossen noch einen Schlummertrunk. Lange noch redeten wir über dieses Erlebnis und waren froh, dass es so und nicht anders verlaufen war.

Übernachtung: Chilkoot Lake Campsite, Haines, Alaska
Mittwoch, 19.09.2012
21. Tag

Rund um unser Auto waren frische Bärenspuren. Da war wohl jemand sehr neugierig gewesen und wollte sich die Krachmacher aus der Nähe anschauen. Gehört oder gesehen hatten wir jedoch nichts. Aber wie auch, wenn man im Wald stand und es infolge Bewölkung keinen Mond gab.
An diesem Morgen gab es nicht viel zu sehen. So postierten wir uns strategisch günstig und warteten ab. Zu unserem Zeitvertreib tauchten Ralf und Sandra an unserer Seite auf und Ralf erzählte uns, dass er am vergangenen Abend noch zu uns rüber kommen wollte – zu Fuß, aber bei uns brannte kein Licht mehr und so ging er wieder. Ups, das hätte schief gehen können mit unserer Bärin.
Später sahen wir doch noch 5 Bären am Wasser. Aber nur eine junge Braunbärin war ganz bei der Sache und fischte mit dem erwünschten Enthusiasmus. Ihr hing Angelschnur aus dem Hinterteil und wir hofften, dass dort nicht mehr der Angler dran hing, sondern nur sein Fisch.  Sie schien zum Glück durch die Schnur keine Probleme zu haben, denn sie war sehr munter und schnell. Wir begleiteten sie fast die ganzen zwei Kilometer bis zur Einmündung ins Meer. Dort hatte sie endlich Fischerfolg und schmatzte gemütlich im Gras sitzend. An diesem Morgen war wieder echt gutes Wetter und der Abschied viel uns sehr schwer. Ich wäre gerne noch einen Tag geblieben, aber mein unruhiger Geist – Chris – hatte wieder Hummeln im Hintern und Angst, woanders was zu verpassen.
So fuhren wir ein letztes Mal den Fluss rauf und runter und verabschiedeten uns von unseren netten Bekanntschaften. Haines und der Chilkoot River waren uns ans Herz gewachsen, ein wirklich toller Spot um Bären beobachten zu können.
In Haines holten wir im Dejon Delights geräucherten sowie frischen Lachs und Heilbutt – danke Jan und Silke noch einmal für den tollen Tipp. Im Mountain Market gab es dann noch den wohlverdienten Kaffee nebst Kuchen und dann hieß es endgültig goodbye.

Das Wetter war schön und wir fuhren durch das Bald Eagle Reserve am Chilkoot River entlang. Wir sahen zwar keinen Adler, aber dafür begeisterte uns die traumhafte Bergkulisse mit dem Fluss im Vordergrund. Die Sonne schien und es war mild, so dass wir sogar die Ärmel unserer Shirts hochschieben konnten.

Entlang des Haines Highway eröffneten sich uns immer neue Aussichtspunkte auf die schneebedeckten Berge der  Chilkat Range, das Flussbett des  Chilkat Rivers, der bald vom Klehini River abgelöst wurde und die buntverfärbten Bäume am Wegesrand.
In einem kleinen Waldstück passierten wir ein Traumhotel im rustikalen Stil und mussten einen kleinen Stopp einlegen. Eigentlich war es nur für Honeymoon-Gäste, aber wir durften uns trotzdem umsehen. Uraltes Holz und der Charme längst vergangener Zeiten luden zum Verweilen ein, bunte Blumenkästen in den Fenstern. Ein wirklich heimeliger Ort.
Etwas weiter bekamen wir noch mehr vom Humor dieser Gegend zu spüren, denn ein Totenkopf in einem Vogelkäfig begrüßte uns, dazu hingen zig Telefone an einem Baumstamm und eine aufs Schönste geschmückte Telefonzelle zog unsere Blicke magisch an.
Kurz vor der Grenze zu Kanada passierten wir den bekannten Saksaia Gletscher, über den sich schon dichtere Wolken schoben. Die Uhren stellten wir schon lange nicht mehr um, denn wir richteten uns eh nach den Sonnenauf- und Untergangszeiten.

In Kanada  wurde es wieder bergiger. Hier war es stark bewölkt und sehr windig. Trotzdem machten wir am Haines Summit (1070m) auf dem Chilkat Pass eine kleine Mittagspause. Die Landschaft war rau und schroff,  kleine Wasserfälle stürzten die Berge hinab und es war sehr grün.
Wir passierten die Grenze von British Columbia zum Yukon und weiter ging die Fahrt bis zu unserem nächsten Stopp am Million Dollar Falls Campground, denn dort kann man nicht nur toll campen, sondern auch den imposanten gleichnamigen Wasserfall besuchen. Ein gut ausgebautes Wegesystem führte einen durch eine enge Schlucht. Auf einigen Plattformen kann man den Takhanne River betrachten, der mittels einiger Stromschnellen und eines schönen Wasserfalls durch die Schlucht rauscht.
Doch es war uns noch zu früh zum Verweilen und so fuhren wir bei schönstem Sonnenschein weiter durch das herbstliche Kanada. Doch leider wehte ein sehr heftiger Wind, der vermutlich mit der Regenfront über den Bergen zusammenhing.
Wir fuhren an diesem Tag noch bis zum Dezadeash Lake Campground, wo wir uns eigentlich direkt an den See stellen wollten, doch in Anbetracht des Sturms stellten wir uns auf eine windgeschützte Campsite. Dort hatten wir zwar keine Rundumsicht, aber dafür konnten wir unser Zeug auf den Tisch stellen, ohne das es umgeweht wurde.
Wir gingen noch etwas über die Campsite spazieren. Auf dem See kräuselte sich die Wasseroberfläche vom Wind. Unterwegs wurden wir von einem sehr lieben schwarzen Hund begrüßt, der wohl zu einem riesigen Camper gehörte. Bei dem Wind musste der arme Hund alleine „Gassi“ gehen und Herrchen saß sicher vor dem Fernseher. Wir kraulten den Kleinen eine Weile und setzten dann unsere Runde über die Campsite fort. Auch hier konnte man wieder kostenlos Holz zum Grillen nehmen und schon bald knisterte das Feuer. Ich bereitete unseren Fisch und die Beilagen vor und kurze Zeit später roch es verführerisch nach frisch gegrilltem Heilbutt.

Übernachtung: Dezadeash Lake, Campground Nr. 4
Donnerstag, 20.09.2012
22. Tag

Bis 7.30 Uhr schliefen wir an diesem Morgen aus, dann trieb uns ein farbenfroher Sonnenaufgang zum See. Nebeldunst hing an den Bergen und die Wolken schimmerten rosa, dazu gesellte sich das erste Licht des Tages. Es war wunderschön. Schnell bauten wir das Stativ am Ufer des Sees auf und machten ein paar Bilder.
Aus der Richtung des Campers kam uns wieder der schwarze Hund entgegen. Freudig drehten wir uns zu ihm um und wollten ihn begrüßen. Doch Stopp, das war ja gar nicht der Hund, sondern ein Schwarzbär, der da auf uns zu geschlendert kam. Gut, dass unser Auto fast genauso weit weg war wie der Bär, schoss es mir durch den Kopf. Gleichzeitig kam der Bär näher, doch dann stutzte auch er. Keine Ahnung für was der uns gehalten hat, der war wohl genauso verpennt wie wir. Schlagartig wurde er sich der Menschen am Seeufer bewusst, dreht schnell ab und verschwand in den Büschen.
Da das Licht an diesem Morgen so schön war, machten wir uns unverzüglich auf den Weg, denn wir erhofften uns noch ein paar gute Motive auf dieser Strecke.

Wir stoppten am Kathleen Lake und schauten ihn uns etwas näher an. Hier lag alles noch im Schatten der Berge und  nur die Bergspitzen waren beleuchtet. Trotzdem war es traumhaft hier und man könnte sicherlich etwas Zeit hier verbringen. Aber Chris zog es runter nach Kenai bzw. erst einmal Valdez, denn er hoffte auf besseres Wetter dort, da er endlich seine Wal-Tour machen wollte. So fuhren wir weiter den Yukon HWY 3 entlang. Als wir eine Brücke über den Kathleen River überquerten riss es uns beide, als wir am Flussufer neben einem Angler zwei Elche im Wasser erblickten. Etwas weiter vorne wendete Chris das Auto und wir fuhren zurück. Was für eine friedliche Idylle; der Angler und die zwei Elche. Doch leider war die Elchmutter übervorsichtig und führte ihr Junges schnell wieder zurück in den sicheren Wald. Wir waren hin und weg, solange hatten wir uns schon einen Elch im Wasser erhofft und nun hatten wir sogar zwei zu Gesicht bekommen.
In Haines Junction schauten wir uns die kleine katholische Kirche „Our Lady of the Way“ an. Sie wurde 1954 aus Überresten eines Gebäudes der Luftwaffe erbaut. Da sie unverschlossen war, warfen wir einen Blick ins Innere und fanden uns in einem kleinen, sehr gemütlichen lichtdurchfluteten Raum wieder.
Die Landschaft war auch an diesem Morgen einfach beeindruckend, hohe Berge mit weißer Schneedecke und Bäume im Herbstkleid. Zwar begleitete uns eine Wolkenfront, aber immer wieder boxte sich die Sonne durch. An einer Ortschaft stand auf der linken Seite deutlich sichtbar ein Polizeifahrzeug, das einen vorsichtshalber auf die Bremse treten ließ. Doch beim Näherkommen sahen wir, dass es sich um eine perfekt bemalte Attrappe handelte.
Kurz vor dem Kluane Lake schaute ich nach rechts aus dem Autofenster und sah bei ein paar verlassenen Gebäuden einen Grizzlybären spazierengehen. Chris stoppte sofort das Auto und wir fuhren verbotener Weise den Weg entlang. Leider hatte der Bär so gar kein Interesse an einem Fotoshooting und ging zielstrebig durch die Bäume zum See. Tja, das Auto wollten wir nicht verlassen und so ließen wir den Griesgram ziehen und fuhren weiter am Kluane Lake entlang. Chris wollt unbedingt am See Frühstückspause machen und so fuhr er bei einer Einfahrt mit vielen wilden Campingplätzen bis zum Wasser. Eigentlich wäre es ja der perfekte Platz gewesen, aber es wehte ein heftiger eiskalter Wind und so gefiel es mir hier nicht sonderlich. Aber wir hatten Hunger und Chris wollte nicht noch weiter suchen.  So kochten wir im Kofferraum Kaffee und machten uns Brote. Ein Bild gibt es auch von mir, aber ich schaue so begeistert, dass ich das leider niemanden zumuten kann.
Bei Beaver Creek schauten wir uns noch eine urige Kirche an mit Namen „Our Lady of Grace“. Sie wurde 1961 erbaut und befindet sich ebenfalls am Alaska HWY.

Irgendwann ließen wir die riesige Wolkenfront, die uns jetzt lange genug begleitet hatte hinter uns und die Sonne kam wieder raus. Gleich wurde es richtig warm und wir pellten uns aus unseren Klamottenschichten. Der Wind hatte nachgelassen und schon spiegelten sich die Wolken wieder in den Seen am Wegesrand. Wir passierten die Grenze zu Alaska zur Mittagszeit.
Am Lakeview Campground machten wir Mittagspause. Es war so warm, dass wir sogar in offenen Sandalen und kurzen Hosen herumliefen. Hier waren wir ganz alleine und hatten den ganzen bildschönen See für uns. Als wir gerade futterten landete doch glatt ein Wasserflugzeug auf dem See. Es sah toll aus, wie sich das Flugzeug im See spiegelte und dann das Wasser aufspritzte, als es landete. Doch leider war es relativ weit weg, so dass wir es schon bald aus den Augen verloren.
Hier wäre ich zu gern geblieben und hätte das tolle Wetter genutzt zum Faulenzen und am See liegen, doch leider hatte mein Herzallerliebster weiterhin Hummeln im Hintern und so fuhren wir weiter den Alaska HWY entlang. Immer wieder besuchten wir die ausgeschriebenen Aussichtspunkte und sahen eigentlich nur Bäume, die einem die Sicht versperrten. Oftmals hatten wir an Parkplätzen eine viel bessere Aussicht. Die Landschaft war wieder herbstlich und abwechslungsreich.
Bei Tok verließen wir den Alaska HWY und fuhren auf dem Tok Cutoff in Richtung Valdez. Schon bald rückten der Mount Sanford (4949m) und der Mount Drum (3661m) in unser Gesichtsfeld. Riesige Ufo-Wolken türmten sich über den Bergen auf und es sah unglaublich spektakulär aus.
Bei Gakoma Junction trafen wir wieder auf den Richardson HWY, auf den wir nun in Richtung Valdez fuhren. Hier wurden die Wolken immer dichter und eine gigantische Regenfront zog auf. Wir beschlossen spontan nicht mehr weiter zu fahren und auf dem „King for a Day“ RV Park zu übernachten. Der hatte eigentlich schon geschlossen, so gab es kein Wasser mehr, der Strom war abgestellt und auch den Müll konnte man nicht mehr entsorgen. Trotzdem wurde die volle Gebühr erhoben. Aber was tut man nicht alles für ein trockenes Plätzchen am Fluss. Wir hatten nämlich wirklich Glück, denn wir hatten einen regenfreien lauen Abend, konnten in Ruhe unseren Lachs grillen und bei milden 20°C draußen sitzen, bevor wir uns in die Gemütlichkeit unseres WoMo‘s zurückzogen.

Übernachtung: „King for a Day“  RV Park, 15 US$
Freitag, 21.09.2012
23. Tag
Über Nacht hatten sich die Regenwolken bis zu uns vorgewagt. Es war bewölkt, aber immer noch trocken. Wir frühstückten und fuhren mit Sonnenaufgang los.
Am Squirrel Creek Campground, auf dem wir zu gerne übernachtet hätten, war alles nass. Hier hatte es ganz sicher gestern geregnet. Momentan war es jedoch trocken und wir sahen uns etwas auf dem Campground um. Die Sites lagen wunderschön am See, es war so friedlich und ruhig hier. Die Wolken und Bäume spiegelten sich im Wasser und so machten wir noch ein paar Bilder von der Idylle am See.
Der Richardson HWY führte uns nun in die Berge hinein. Die Wolken waren sehr dicht, aber die Sonne schaute immer mal wieder durch ein paar Wolkenlücken und beleuchtete die Umgebung. Auch die Alaska Pipeline begleitete uns wieder und zog sich als silbernes Band durch die Landschaft.
In den Bergen war es noch richtig herbstlich. Die Bäume standen im vollen gelbroten Laubmantel, unzählige Wasserfälle liefen die Felsen hinab. Wir folgten einem reißenden Fluss mit sehr starker Strömung. Das Wetter wurde immer schlechter und es fing leicht an zu regnen. So erreichten wir den Worthington Gletscher. Kurz vor der Einfahrt zum Gletscher warnten zwei Pylonen am Straßenrand. Was war hier denn los? Ein Fluss ging über die Straße, aber selbige war nicht gesperrt. Wir schauten uns das Geschehen erst einmal zu Fuß an. Sollte hier schon unsere Tour nach Valdez enden, fragten wir uns. Ein kleiner Umzugswagen hielt ebenfalls und der Fahrer erklärte uns, dass die Straße nach Valdez gesperrt sei, hier könnte man aber durchfahren. Er wendete jedoch und auch andere Touristen drehten um. Wir waren noch immer unschlüssig, als neben uns ein Fahrzeug der Straßenbauer hielt. Der Fahrer bestätigte, dass die Straße kurz vor Valdez gesperrt sei, aber dass man hier noch durchfahren könnte und zeigte es uns sogleich. Okay, dann schauen wir uns mal den Gletscher aus der Nähe an. Die Durchfahrt war halb so schlimm, wie sie aussah und schnell standen wir auf der anderen Straßenseite. Dann bogen wir nach rechts auf den Parkplatz am Gletscher ab.
Zu Fuß erkundeten wir den Gletscher und kletterten etwas auf dem Geröll und Eis herum. Es machte richtig Spaß, aber leider wurde irgendwann der Regen wieder stärker und wir gingen zum Auto zurück.
Weiter ging es hinauf in die Berge bis zum Thompson Pass, den dichte Wolken umlagerten. Ab und zu sah man ein paar Bergspitzen durch die Wolken spitzen. Auch hier war die Tundra Landschaft herbstlich verfärbt und kleine Wasserfälle, die vom starken Regen der letzten Tage zeugten, ergossen sich ins Tal.
Hier oben war es empfindlich kalt und wir sehnten uns nach dem schönen Wetter der letzten Tage zurück.

Am Blueberry Lake Campground machten wir Mittagspause, der Wind pfiff uns um die Ohren und so kochten wir nur schnell unser Chili auf der überdachten Sitzgelegenheit und verspeisten es dann im warmen Auto.
Dann ging es weiter bis zur Straßensperre. Es hatte hier so viel geregnet, dass der Fluss die Straße zu überspülen drohte und so wurde vorsichtshalber die Straße kurz vor der Brücke geschlossen. Wir schauten uns das Ganze mal aus der Nähe an, aber hier war das Flussbett noch weit und offen und der Fluss hatte genug Platz. Trotzdem war das Wasser sehr trüb und floss mit starker Strömung dahin. Auch bei der Brücke war eigentlich noch genug Platz.  Nebeldunst hing in den Bäumen, es sah schon fast gespenstisch schön aus, trotz des schlechten Wetters. Vor uns stand schon ein Laster und auch hinter uns hielten bald einige Autos. Wir hofften auf Öffnung der Sperre und beschlossen abzuwarten. Zum Glück lagen unsere Bücher griffbereit und schon bald waren wir in der Welt unserer Roman- und Krimihelden.
Um 13 Uhr tat sich was, mit einem Pilotcar kam Gegenverkehr an der Brücke an, die Sperre wurde geöffnet, aber leider nur kurz, denn sofort wurde sie wieder geschlossen. Mist! Doch dann hielt neben uns wieder ein Auto der Straßenbauer und der Fahrer erzählte uns, dass es in 5 Minuten für uns losginge. Leider mussten wir auch einem Pilotcar folgen und konnten darum nur schauen und fast kein Bild machen. Gigantische Wasserfälle ergossen sich in den eh schon völlig überfüllten Fluss. Das Wasser stand fast auf der Straße und floss mit einer extremen Geschwindigkeit dahin. Da wurde einem schon etwas mulmig. Kurz vor Valdez wendete das Pilotcar und wir durften alleine weiterfahren. Es war erschreckend, denn alles war überschwemmt. Häuser standen im Wasser und die kleinen Abflussgräben waren total überlastet. So ergoss sich immer wieder Wasser und Schlamm auf die Straße. Selbstverständlich hatte der Regen nicht aufgehört und uns war wieder etwas mulmig, da Valdez am Meer liegt und der einzige Weg durch die Berge geht.
Wir überlegten was wir tun sollten, aber nun waren wir schon einmal da, jetzt wollten wir auch bleiben. Wir schauten im Visitor Center vorbei und wurden von einer sehr netten Dame bestens mit Infos und Tipps versorgt. Sie informierte uns, dass der Exit Gletscher wegen des schlechten Wetters und der Überschwemmungen schon geschlossen hatte und die Straße gesperrt wurde. Die Enttäuschung konnte man Chris so richtig ansehen. Aber fürs Wetter konnte ja niemand etwas.
Wir nahmen die Straße zur Fish Hatchery und sahen unseren ersten Seeotter. Auf diese netten Gesellen hatte ich mich schon so sehr gefreut, aber es regnete in Strömen und so begnügten wir uns mit dem Beobachten aus dem Autofenster heraus. Auch Robben tummelten sich im Wasser und beäugten uns genauso neugierig wie wir sie.
Zurück in der Stadt checkten wir im Best Western Harbor Inn Hotel ein, das für sein gutes Restaurant bekannt ist. Unser Zimmer war schön groß, tolle Bilder hingen an der Wand und wir fühlten uns sofort wohl.
Abends ließen wir es uns gut gehen und genossen ein extrem gutes Essen. Als Vorspeise gab es gebackene Prawns in Wasabi Soße. Das war so gut, dass ich es gerne als Hauptgericht gehabt hätte. Aber auch mein Heilbutt mit Krabbenfleisch in Oyster Sauce war hervorragend. Chris schoss aber den Vogel ab, denn er hatte Hunger und bestellte sich ein Primeribsteak + Eismeerkrabben. Das war selbst für meinen Vielfraß etwas viel, aber es schmeckte ausgezeichnet. Am schönsten war jedoch wieder sein Lätzchen, das er stolz trug.
Nach dem Essen waren wir so voll, dass wir noch etwas durch den Ort spazieren gingen. In einem Bottlestore holten wir uns noch Cidre und Bier und spazierten dann zum Hotel zurück, wo wir den Abend gemütlich ausklingen ließen.

Übernachtung: Best Western Harbor Inn, Valdez, Alaska - 89,99 US$

Samstag, 22.09.2012
24. Tag
An diesem Morgen wollte es irgendwie gar nicht hell werden. Es regnete und regnete, zwar nicht mehr so stark, aber dafür mit Ausdauer.
Nachdem uns eine Amerikanerin das super Frühstück im Hotel angepriesen hatte, wollten wir uns selbst davon überzeugen und suchten den Frühstücksraum. Der entpuppte sich als eine kleine Bar. Hier gab es Instantkaffee und Tütensaft. Warm konnte man sich Rührei und Würstchen nehmen. Es gab gute Semmeln, Müsli und Joghurt. Alles natürlich auf Wegwerftellern mit Plastikbesteck. Nun ja, man konnte es essen, aber wir sind wohl verwöhnt.
Da es weiterhin regnete und nur Miniregenpausen gab, entschieden wir uns wieder aufzubrechen. Wir hatten immer noch kein gutes Gefühl und  wollten aus dieser Sackgasse weg. Der Pass war seit dem gestrigen Abend geöffnet und so brachen wir wieder auf. Wir besuchten noch einmal die Otter im Meer, aber es regnete so stark, dass wir nicht einmal ein Bild machten.
Dann ging es zurück auf den Richardson HWY und die Berge hinauf. Der Fluss hatte immer noch viel Wasser, aber gegen den Vortag war der Pegel erstaunlich gesunken und das trotz Dauerregen. Diesmal durften wir alleine fahren und auch überall halten. Jetzt schauten wir uns – aus dem Auto heraus – den Horsetail Fall und den Bridal Veil Fall an. Das Wasser platschte sogar durchs offene Fenster auf die Linse des Fotoapparates und so ließen wir die Versuche bald sein und fuhren weiter dem Thompson Pass entgegen. Über den Pass hinaus leuchtete uns schon wieder das Herbstlaub entgegen. Selbst bei diesem schrecklichen Wetter war die Landschaft ein Augenschmaus. Vorbei ging es wieder am Worthington Gletscher, der durch die tiefhängenden Regenwolken fast gar nicht mehr zu sehen war. Hey, da hatten wir am Vortag ja richtig Glück gehabt, scherzten wir.
Als wir wieder aus den Bergen heraus waren, besserte sich das Wetter merklich. Die grauen dicken Regenwolken wichen einer eher leichten diffusen Bewölkung und auch unsere Laune wurde schlagartig wieder besser. In der Nähe der Pippin Lake Lodge bogen wir auf den Edgerton HWY ab und fuhren spontan in Richtung McCarthy. Unterwegs machten wir Halt an einem RV Park mit Kaffeeausschank und trafen dort auf ein holländisches Paar, das gerade aus McCarthy kam. Es sei schon alles geschlossen und man müsse Kontakt zum Wirt des Saloons aufnehmen, der holt einen dann ab, erzählten sie uns. Aber Besichtigung oder Transporte finden keine mehr statt. Das hätten wir uns wohl doch eher überlegen sollen, jetzt war es eindeutig zu spät. Also brachen wir den Versuch ab und fuhren wieder auf den Richardson HWY zurück.
Wir folgten dem Richardson HWY bis zum Glenn HWY und fuhren weiter in Richtung Anchorage. Hier war das Wetter einfach wunderbar. Es war warm und sonnig. So schön hatten wir den Glenn HWY noch nicht gesehen. Immer wieder hielten wir begeistert an und machten Bilder. Um uns herum und besonders an den Bergen hingen die dichten Regenwolken, aber über uns war blauer Himmel und die Sonne schien. Der Highway präsentierte sich von seiner schönsten Herbstseite. Es war traumhaft. Besonders gut gefielen uns der Long Lake, in dem Tausende von gelben Blättern schwammen und die Aussicht auf den Matanuska River mit den Bergen im Hintergrund. Gerne wäre ich hier geblieben, aber wieder hatte Chris keine Ruhe, denn Seward und die Gletschertour riefen. Ich verstand es nicht so recht, denn wenn das Wetter in Valdez schon so schlecht war, warum sollte es in Seward besser sein. Seward liegt nämlich sozusagen gegenüber von Valdez. Aber Mann blieb stur und fuhr beharrlich weiter.
Am Ende einer Kurve sahen wir ein Fahrzeug in der Böschung liegen, da hatte wohl jemand die Geschwindigkeitsbegrenzung nicht so ernst genommen. Man konnte nur hoffen, dass es besser ausgegangen war, als das Fahrzeug aussah. Gehalten hatten wir ursprünglich wegen der schönen Aussicht in der Kurve.
Auch hier hatte es in den letzten Tagen fürchterlich geregnet, das Ausmaß sahen wir immer wieder entlang des Highways und sogar im Fluss. Denn mitten im Fluss schwamm ein Häuserdach. Da wurde uns schon etwas anders. Wieder hofften wir für die Bewohner des Hauses das Beste. Aber auch andere Häuser standen auf einmal fast im Wasser, soviel Ufer war während der letzten Tage weggeschwemmt worden. Baumstämme lagen im Fluss und auch vieles anderes lag auf den Sandinseln, da der Wasserspiegel wieder abgesunken war. Es hatte viele Steinschläge gegeben und der Highway war wohl gesperrt gewesen. Ein Damm war gebrochen, an dem noch immer fleißig gearbeitet wurde. Auch wenn wieder alles friedlich war, muss es sehr schlimm gewesen sein.

Das Wetter hielt noch bis Anchorage und darüber hinaus. Auch am Turnagain Arm schien die Sonne und sogar ein Regenbogen ließ sich blicken. Das Licht war klasse und die Sonne ging wunderbar im Meer unter. Es hätte fast nicht schöner sein können, wenn Chris nicht unbedingt in die Unwetterfront, die vor uns lag, gefahren wäre. Schon bald ging rings um uns herum die Welt unter. Es regnete wie aus Kübeln und der Scheibenwischer schaffte seinen Job kaum noch. Hinzu kam noch völlige Dunkelheit. Wir kamen nur noch sehr langsam voran. Chris wollte unbedingt noch hinter zum Portage Gletscher in der Hoffnung, dass das Wetter am nächsten Morgen besser wäre und noch Fahrten zum Gletscher stattfinden würden. So fuhren wir am fast überquellenden Portage River entlang und mussten höllisch aufpassen, dass wir nicht von der Fahrbahn abkamen.
Am Portage Lake kam das, was ich schon längst erwartet hatte. Alle Bootsfahren waren wegen der Überschwemmungen bzw. des schlechten Wetters bis zum nächsten Jahr abgesagt. Aber auch hier war die Fahrt echt spannend, denn alles stand unter Wasser und es kam einem fast so vor, als ob man schon im See spazieren fährt.
Chris beschloss auf dem Williwaw Campground zu übernachten. Es war richtig unheimlich, denn wir sahen gar nichts. Die Wege standen auch hier unter Wasser und ich hatte Bedenken, das wir auf einmal in einem Fluss stehen. Als dann auch noch genau vor unserem Auto ein pitschnasser Schwarzbär über den Weg lief, hatte ich genug. Ich fühlte mich absolut unwohl und wollte weg, aber dafür war es zu spät. Chris der Spaßmacher wollte noch kochen und ich sollte dafür in ein Klo gehen, da es ja weiter wie aus Kübeln goss…. Nee, da verlangte er etwas zu viel von mir. So gab es noch Chips und ein Getränk. Beim Umbau des Autos waren wir eh schon pitschnass geworden und ich grummelte immer noch, weil wir an den ganzen netten Hotels vorbeigefahren waren.
Die Nacht war echt übel. Es goss und dabei trafen immer wieder Sturmböen das Auto und ließen uns hin und her schwanken.

Übernachtung: Williwaw Campground, Portage Gletscher
Sonntag, 23.09. – Samstag, 29.09.2012
25. - 30. Tag
Auch am nächsten Morgen sah die Welt nicht viel besser aus, doch es regnete nicht mehr so stark und wir beschlossen erst einmal nach Anchorage zurückzufahren und nach dem Wetter zu schauen. In unserem Stamm-Starbucks gab es erst einmal einen guten Kaffee und dann wagten wir den Blick in den Wetterkanal. Doch es war egal wohin wir schauten, denn in ganz Alaska schüttete es. Das Tief „Nadine“ hatte ganze Arbeit geleistet und so stand fast die halbe Kenai Halbinsel unter Wasser, es gab eine Flutwarnung und viele Straßensperrungen. Wir versuchten in den nächsten Tagen dem Wetter so gut es ging auszuweichen, aber egal wohin wir fuhren: es regnete – wie versprochen. Wir verbrachten eine Regennacht im Denali State Park, da dort gutes Wetter angesagt war, doch leider war davon nichts zu spüren. Dort mussten wir fast bis zum Mülleimer schwimmen und alles war durchgeweicht.
Irgendwann landeten wir wieder auf der Kenai Halbinsel, da es eh egal war, wohin wir fuhren. Wir schauten uns den randvollen Russian River an und wanderten sogar etwas an ihm entlang, aber es war so viel Wasser, dass der sonst übervolle Campingplatz leer war. Ein Angler hatte sich hierher verirrt, dem ging es wohl ähnlich wie uns. Aus purer Verzweiflung warf er seine Angel aus, aber bei den Fluten biss sicher kein Fisch. Seine Miene sprach Bände. Wenigstens war es an diesem Tag relativ trocken. Wir schauten noch etwas am Kenai River entlang, aber auch hier war alles überschwemmt. Es war ein Erlebnis der anderen Art, den eigentlich hätten wir Bären beim Fischen beobachten wollen, aber so beobachteten wir dreckige Fluten, die Stämme mit sich führten und Unterkünfte geflutet hatten. Etwas später drehten wir um und fuhren nach Seward. Wir buchten uns im Holiday Inn Express - Seward Harbor für zwei Nächte ein, da wir auf besseres Wetter hofften und noch ein paar Gletscherfahrten angeboten wurden. Doch leider meinte es das Wetter gar nicht gut mit uns. So besuchten wir das Alaska Sea Life Center. Doch selbst hier war uns das Glück nicht mehr hold, denn es wurde ein Großteil renoviert. So konnten wir die Seelöwen nicht bewundern, aber wir waren sehr zufrieden mit den Seevögeln. Endlich sahen wir Puffins aus der Nähe und andere tolle Vögel. Sie waren so lieb und tapsig. Einer kam immer näher und wollte wohl kuscheln, denn er ging ganz offensichtlich auf Körperkontakt. Andere plantschten im Wasser. Toll war auch, dass man sie auch unter Wasser beobachten konnte. So tapsig sie an Land waren, so geschickt waren sie unter Wasser. Sie schossen wie die Pfeile dahin und tausend Wasserperlen sprudelten von ihnen ab.
Hier hielten wir uns sehr lange auf. Es gab auch noch was Besonderes im Alaska Sea Life zum Anschauen, denn zwei Walrossbabys wurden hier per Hand aufgezogen. Die Zwei waren vielleicht knuffig. Sie badeten, tranken und schliefen. Sie werden hier aufgepäppelt und später wieder ausgewildert. Auch viele andere Tiere wie Seelöwen und Otter wurden hier schon versorgt und erfolgreich wieder ausgewildert.
Die restlichen Tage vergingen sehr schnell, trotz des Regens.
Unser Glück versuchten wir auch noch einmal in Richtung Glenn HWY und Denali HWY, aber auch hier mussten wir abbrechen, denn auf dem frisch begradigten Denali HWY standen ein paar spitze Steine hoch und so hatten wir in den letzten Tagen den schon lang erwarteten Platten, der uns zur Umkehr zwang. Jäger waren kaum noch unterwegs, aber dafür sahen wir Unmengen an Karibus, die sogar relativ nah der Straße herumliefen. Leider war es auch hier eher grau in grau und so fiel uns der Abbruch nicht ganz so schwer.
Wir schauten uns noch das Alaska Wildlife Conservation Center an. Das ist ein kleiner Tierpark mit einheimischen Tieren, der verwaiste Tiere aufpäppelt und wieder auswildert. Man merkte hier bei den Tieren im Gehege, das gerade Brunftzeit war, denn besonders die Elche und auch die Karibus waren kaum zu halten. Ein sehr kräftiges Karibu machte alle anderen wuschig und jagte die armen Burschen kreuz und quer durchs Gehege.
Die Bären badeten da lieber und ließen es sich gut gehen. Auch die Moschusochsen futterten lieber Gras.
Zurück in Anchorage checkten wir in unser Hotel, dem Anchorage Hills and Suites ein. Ein sehr schönes Hotel mit großen Zimmern, aber dem schlechtesten Frühstück aller Zeiten.
Hier packten wir unsere Taschen und freuten uns schon auf den morgigen Tag, wenn es wieder nach Hause ging, wo schon unsere Katzen auf uns warteten.
Am nächsten Morgen trauten wir unseren Augen kaum, denn als wir aus dem Fenster blickten war alles um uns herum weiß. Über Nacht hatte es geschneit. Sanft rieselten immer noch Flocken vom Himmel.
Am späten Vormittag fuhren wir zum Flughafen und gaben unser liebgewonnenes Auto schweren Herzens wieder ab.
Mittag gab es bei McDonald´s und schon bald warteten wir auf unseren Flieger, der uns gesund und munter zurück nach Deutschland brachte. Gemeinerweise war das Wetter am Abflugtag nahezu perfekt. Die Sonne schien und wir flogen über wunderschöne schneebedeckte Berge mit nur wenigen Wolken.

Unser Urlaub ist zwar zu Ende, aber die nächste Reise in Gedanken schon geplant. Sie wird uns wieder ins Reich der Bären führen. Trotz des schlechten oder typischen Alaska Wetters haben wir noch lange nicht genug von der grenzenlosen Freiheit und rauen Wildnis des hohen Nordens. Unser Traum Bären hautnah zu erleben wurde wahr, doch was soll ich sagen, es reichte uns immer noch nicht. Die einzigartige Tierwelt und gerade das unvorhersehbare Wetter reizen uns aufs Neue, um nicht zu sagen, fordern uns heraus und dieser Herausforderung wollen wir uns 2013 erneut stellen.

Der Sinn des Reisens besteht darin, die Vorstellungen mit der Wirklichkeit auszugleichen
und anstatt zu denken, wie die Dinge sein könnten, sie so zu sehen, wie sie sind.
von Samuel Johnson